Irgendwie schon arg, wenn ich mir die ersten fünf Zusammenfassungen ansehe.
Ich vermute aber, es verhält sich so wie in der Musik: das Wettbewerbswesen ist auch in der Artistik nicht mehr als eine sich etwas besser dünkende DSDS-Show. Bei der Musik wird zwar noch Technik sehr bewertet, die Musikalität geht oft im Verfolgen der möglichst imponierenden Technik unter.
Bei Texten wird die versuchte Originalität zu einer typischen Kunstform: Scheiße und 34 Variationen.
Vielleicht sind die Künstler aber gar nicht schuld. Vielleicht fehlt wirklich der dramatische Lebensbezug, die Angst um den Geliebten, die existentielle Angst, die Furcht vor Gewalt und unvorhergesehenen Schicksalsschlägen. Die hatte die Bachmann ja noch greifbar vor sich. Auch ein Werfel wusste, wovon und warum er schrieb. (Muss ich sagen, weil ich gerade Alma in Prag gesehen habe.) Mit Ausnahme des Schatzgräbers (dessen Sujet ich allerdings auch nur beschmunzeln kann. Da könnte heute ein Kusenberg noch zehn davon einstecken.) beklagen alle ein Dasein, dass in Wirklichkeit in ihrer eigenen Befangenheit ruht.
Aber schreiben muss man. Ich bin unfair. Vielleicht ist es gerade die Notwendigkeit, diese Dinge zu beschreiben, die die Dringlichkeit der künstlerischen Ausprägung darstellt.
Also wenn ich mir diese Texte hernehme, wäre ich sofort veranlasst, selber etwas Besseres zu schreiben. Da ich aber in der Regel andere Bücher lese, nehme ich gleich wieder Abstand. Denn da gibt es weitaus Berufenere als mich.
Ja, "arg" war´s. Der Text der zweiten Lesung, "Einen Schatz vergraben" von Maximilian Steinbeis, der einzige Lichtblick an diesem düsteren Wettbewerbs-Tag. Ingeborg Bachmann wird sich im Grab mehrmals umgedreht haben.
Dabei gibt es so viele gute AutorInnen. Wenn ich mir die Texte mancher Blog-Autoren ansehe, hielten die jedem Vergleich und jeder Kritik, die ich heute mit anhörte, Stand.
Einige Texte der früheren Bachmann-Wettbewerbs-Tage waren gut, ohne dass Katastrophen, Krankheiten, der Tod oder der Untergang der Welt herauf beschworen werden mussten. Ich erinnere mich noch gut an den humorvollen Text aus dem "Kaiser von China", an das "Zimmermädchen" oder einen Text, der das Geschehen und die Schrullen seiner Bewohner in einem Mietshaus hervorragend persiflierte. Alles Texte oder Textideen, die ohne dramatische Lebensbezüge auskamen, durch treffende Sprachbilder und gelungenen Stil oder eine ganz eigene Stimme brillierten.
Nur seit vergangenem Jahr feiert das Weltuntergangsszenario in Klagenfurt fröhliche Ur-Ständ. Und das ärgert mich, weil ich fast wetten könnte, dass gewiss andere gute Texte in den Bewerbungsstapeln lagen.
Und das weckt wirklich den Eindruck, auch in Klagenfurt ginge es nur noch um die Show. Ihr Verweis zu DSDS stieg im selben Moment vor mir auf, als ich Ihren Kommentar las ;-)
Phorkyas - 8. Jul, 09:53
Hmm.. ich habe noch nicht alle Beiträge von gestern gesehen, aber bei denen, die ich sah, fand ich eine große Übereinstimmung mit Ihren Urteilen (auch wenn ich z.B. bei dem Schatzversteck-Text Bedenken hab, dass der beinahe zu sehr aufs Publikum zugeschnitten ist, das sich an der leichtverdaulichen, unterhaltsamen Oberfläche ergötzt, ohne dass mir wirklich klar ist, ob der Text noch einen Schatz birgt oder ich ihn dahineinverstecken muss?)..
Allerdings verstehe ich Ihr Gesamturteil dann nicht so ganz. Vielleicht hänge ich Erwartungen immer besonders tief, aber ich finde, wenn Ihnen von fünf Texten einer außerordentlich gut gefällt, dann ist das ein verdammt guter Schnitt - ist vielleicht kein guter Vergleich, aber stellen Sie sich vor, sie würden in einer Bibliothek (oder auch Antiquariat, um die besser abgehangenen Bücher zu bevorzugen) zufällig fünf Titel herausnehmen...
Daher fand ich's bisher nicht so schlimm (den Text von Antonia Baum schon, aber den hab ich auch noch nicht ganz "genossen")
Mein „Gesamturteil“ zum ersten Tag des Bewerbs habe ich ja ausführlich im Fazit und seinem Diskussionsstrang zum 1. Tag dargelegt, daher spare ich mir die Wiederholung hier ;-)
Nach drei Tagen Lese-Marathon [bitte sehen Sie mir daher nach, wenn ich Ihnen erst heute auf diesen Kommentar antworte] kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass aus „Wettbewerbs-Strategie“ oder „Auswahl-Taktik“ die einen Texte erniedrigt werden, um dadurch andere erhöhen zu können. Drei, vier mangelhafte Texte bewusst am ersten Tag rangenommen und aufgrund der Mängel zu recht kritisiert – gar nieder gemacht, erhöht automatisch den Wert der Texte, die noch übrig bleiben und damit auch deren Preis-Chance.
Ansonsten: Unser hohe Geschmacksübereinstimmung, sofern Sie Ihre Meinung nicht geändert haben, ist ja beinahe ein Wunder, nachdem es immer heißt: „Zwei Menschen vier Meinungen.“ ;-)
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Ich vermute aber, es verhält sich so wie in der Musik: das Wettbewerbswesen ist auch in der Artistik nicht mehr als eine sich etwas besser dünkende DSDS-Show. Bei der Musik wird zwar noch Technik sehr bewertet, die Musikalität geht oft im Verfolgen der möglichst imponierenden Technik unter.
Bei Texten wird die versuchte Originalität zu einer typischen Kunstform: Scheiße und 34 Variationen.
Vielleicht sind die Künstler aber gar nicht schuld. Vielleicht fehlt wirklich der dramatische Lebensbezug, die Angst um den Geliebten, die existentielle Angst, die Furcht vor Gewalt und unvorhergesehenen Schicksalsschlägen. Die hatte die Bachmann ja noch greifbar vor sich. Auch ein Werfel wusste, wovon und warum er schrieb. (Muss ich sagen, weil ich gerade Alma in Prag gesehen habe.) Mit Ausnahme des Schatzgräbers (dessen Sujet ich allerdings auch nur beschmunzeln kann. Da könnte heute ein Kusenberg noch zehn davon einstecken.) beklagen alle ein Dasein, dass in Wirklichkeit in ihrer eigenen Befangenheit ruht.
Aber schreiben muss man. Ich bin unfair. Vielleicht ist es gerade die Notwendigkeit, diese Dinge zu beschreiben, die die Dringlichkeit der künstlerischen Ausprägung darstellt.
Also wenn ich mir diese Texte hernehme, wäre ich sofort veranlasst, selber etwas Besseres zu schreiben. Da ich aber in der Regel andere Bücher lese, nehme ich gleich wieder Abstand. Denn da gibt es weitaus Berufenere als mich.
Dabei gibt es so viele gute AutorInnen. Wenn ich mir die Texte mancher Blog-Autoren ansehe, hielten die jedem Vergleich und jeder Kritik, die ich heute mit anhörte, Stand.
Einige Texte der früheren Bachmann-Wettbewerbs-Tage waren gut, ohne dass Katastrophen, Krankheiten, der Tod oder der Untergang der Welt herauf beschworen werden mussten. Ich erinnere mich noch gut an den humorvollen Text aus dem "Kaiser von China", an das "Zimmermädchen" oder einen Text, der das Geschehen und die Schrullen seiner Bewohner in einem Mietshaus hervorragend persiflierte. Alles Texte oder Textideen, die ohne dramatische Lebensbezüge auskamen, durch treffende Sprachbilder und gelungenen Stil oder eine ganz eigene Stimme brillierten.
Nur seit vergangenem Jahr feiert das Weltuntergangsszenario in Klagenfurt fröhliche Ur-Ständ. Und das ärgert mich, weil ich fast wetten könnte, dass gewiss andere gute Texte in den Bewerbungsstapeln lagen.
Und das weckt wirklich den Eindruck, auch in Klagenfurt ginge es nur noch um die Show. Ihr Verweis zu DSDS stieg im selben Moment vor mir auf, als ich Ihren Kommentar las ;-)
Allerdings verstehe ich Ihr Gesamturteil dann nicht so ganz. Vielleicht hänge ich Erwartungen immer besonders tief, aber ich finde, wenn Ihnen von fünf Texten einer außerordentlich gut gefällt, dann ist das ein verdammt guter Schnitt - ist vielleicht kein guter Vergleich, aber stellen Sie sich vor, sie würden in einer Bibliothek (oder auch Antiquariat, um die besser abgehangenen Bücher zu bevorzugen) zufällig fünf Titel herausnehmen...
Daher fand ich's bisher nicht so schlimm (den Text von Antonia Baum schon, aber den hab ich auch noch nicht ganz "genossen")
@Phorkyas
Nach drei Tagen Lese-Marathon [bitte sehen Sie mir daher nach, wenn ich Ihnen erst heute auf diesen Kommentar antworte] kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass aus „Wettbewerbs-Strategie“ oder „Auswahl-Taktik“ die einen Texte erniedrigt werden, um dadurch andere erhöhen zu können. Drei, vier mangelhafte Texte bewusst am ersten Tag rangenommen und aufgrund der Mängel zu recht kritisiert – gar nieder gemacht, erhöht automatisch den Wert der Texte, die noch übrig bleiben und damit auch deren Preis-Chance.
Ansonsten: Unser hohe Geschmacksübereinstimmung, sofern Sie Ihre Meinung nicht geändert haben, ist ja beinahe ein Wunder, nachdem es immer heißt: „Zwei Menschen vier Meinungen.“ ;-)