David gegen Goliath - S21 Schlichtung Runde 4
Beim vierten Schlichtungstreffen schlug die Stunde der Stuttgart 21-Gegner und somit derjenigen, die für die Alternative, den Erhalt des Kopfbahnhofs, beim Großprojekt Stuttgart 21 eintreten. K 21 heißt das Kürzel für den Alternativvorschlag.
Im Mittelpunkt dieses Mal das K21-Konzept, seine Realisierung und sein Betriebskonzept. Im Kern ging es darum, wie sich der Kopfbahnhof erhalten, modernisieren und leistungsstärker ausbauen lässt. "Oberirdisch und erlebnisorientiert", wie es die K21-Befürworter ausdrückten.
K21 vernünftige Alternative zu S21
Deutlich wurde eins: K21 I S T eine Alternative zu S21, auch wenn die S21-Macher, angefangen vom Bahnhofsvorstand für Infrastruktur bis hin zu Baden-Württembergs Verkehrsministerin den gesamten Nachmittag darauf verwendeten die überlegenswerten Aspekte der K21-Alternative auszuhebeln: "Genau so teuer, Umbau zu schwierig, weitere Eingriffe in Stadt und Natur." Das Bündnis der S21-Befürworter versuchte das K21-Konzept zu widerlegen.
K21 das modulare Baukastensystem
K21 ist eine Alternative, liebe Leserinnen und Leser, weil es sich modular umsetzen lässt.
Das Megaprojekt könnte wie in einem Baukastensystem in mehreren parallel nebeneinander ablaufenden oder aufeinander aufbauenden Schritten realisiert werden. Die einzelnen Bauschritte der Streckenmodernisierung des S21-Projekts ließen sich Stück für Stück, Zug um Zug, im wahrsten Sinne des Wortes, realisieren.
K21 Präsentationen sehr überzeugend
Der ehemalige Bahnhofsvorsteher des Stuttgarter Hauptbahnhofs, Egon Hopfenzitz, zwischenzeitlich Ruheständler, erläuterte sehr verständlich die hohe Mathematik, die hinter einem Zugfahrplan steckt.
Anhand des aktuellen Zugfahrplans erläuterte er, wie bereits heute die Leistungsfähigkeit dieses Kopfbahnhofes gesteigert werden könnte, indem die sogenannten Zugstandzeiten von heute durchschnittlich 15 Minuten auf 6 Minuten verkürzt werden.
Hopfenzitz: "Heute wird ein Gleis durchschnittlich mit 2,2 Zügen pro Stunde belegt; durch die Verkürzung der Zugstandzeiten wäre die Belegung eines Gleises auf 4,4 Züge pro Stunde steigerbar!"
Stuttgarter Kopfbahnhof im Jahr 1969 leistungsfähiger als heute
Sehr interessant scheint mir Hopfenzitz` Nachweis, dass bereits im Jahr 1969 mehr Züge pro Werktag abgefertigt wurden als heute:
1969 waren es 796 Züge pro Werktag,
2010 sind es 650 Züge, die pro Werktag abgefertigt werden.
Dabei, liebe Leserinnen und Leser, ist zu berücksichtigen, dass vor 41 Jahren in diesem Kopfbahnhof Lokwechsel an der Tagesordnung waren. Da es zu jener Zeit weniger Wendezüge als heute gab. Als Wendezüge werden solche Züge bezeichnet, die vorne und hinten eine Lok zum Losfahren haben; Zugfahrern unter ihnen sicher gut bekannt.
Hopfenzitz belegte zudem eindrucksvoll, dass ein Kopfbahnhof mit 16 Gleisen erheblich mehr Kapazitäten hat als ein Durchfahrtsbahnhof mit 8 Gleisen (wie die S21-Macher ihn realisieren wollen):
66 bis 74 Züge könnten pro Stunde in einem modernisierten Stuttgarter Kopfbahnhof abgefertigt werden.
Auf lediglich 42 bis 51 Züge pro Stunde kommt dagegen das S21-Konzept.
Die K21-Zauberformel
Klaus Arnoldi, vom Verkehrsclub Stuttgart, erläuterte schlüssig wie sich parallel dazu die Potenziale des bestehenden Kopfbahnhofs noch weiter ausschöpfen lassen und sogar gesteigert werden können!
Die Zauberformel heißt schlicht und einfach: Zugkreuzungen vermeiden!
Derzeit kreuzen sich viele Gleise im Gleisbett des Stuttgarter Bahnhofs. Dadurch kommt es zu häufigen Gleissperrungen. An einem Beispiel von Klaus Arnoldi möchte ich dies näher erläutern:
Ein einziger nach Stuttgart einfahrender ICE sperrt derzeit die Ein- und Ausfahrt von Zügen auf drei anderen Gleisen im Stuttgarter Hauptbahnhof. Das bedeutet diese anderen Züge müssen solange warten bis der ICE im Kopfbahnhof eingefahren ist bis sie ihre eigene Fahrt fortsetzen können.
Bei Zugverspätungen verschlechtern sich diese Situationen noch weiter.
Unter Umständen führt dies heute dazu, dass sich mehrere Züge bei Ein- und Ausfahrt "stauen" bis sie ihre Fahrt endlich und dann ebenfalls mit Zeitverzögerungen fortsetzen können.
Der Verkehrsexperte belegte eindrucksvoll wie einfach sich Zugkreuzungen vor allem auf eingleisigen Strecken vermeiden lassen:
Indem ein sog. Tunnelgebirge angelegt wird, und der eine Zug über eine Brücke weitergeleitet wird, während der andere Zug, der sonst warten müßte, unter ihm auf einem eigenen Gleis hindurch fährt.
Solche "Brücken" sind in Stuttgart teilweise vorhanden. Bereits heute fahren die Züge auf drei Ebenen in den Kopfbahnhof hinein und hinaus.
Das Tunnelgebirge nutzen und ausbauen
In einer Computeranimation präsentierte dies Boris Palmer, Tübingens Oberbürgermeister, der für Bündnis 90/Die Grünen am Schlichtungsgespräch teilnimmt, sehr anschaulich.
Diese drei Ebenen werden auch als dieses oben erwähnte Tunnelgebirge bezeichnet. Laut Conradi läßt sich dieses Prinzip für die K21-Alternative weiter verbessern: durch den weiteren Neubau von Rampen, Verlängerung des Gleisvorfeldes und den Bau zweier zusätzlicher Gleise sowie durch den Bau eines Tunnels durch den Rosensteinpark und einer weiteren Brücke.
Kein Hexenwerk: Die Anbindung des Flughafens
Die Lösungen, die die K21-Vertreter für die bessere Anbindung des Flughafens an den Stuttgarter Hauptbahnhof (und damit auch an die City selbst) vorschlagen, waren rundweg pragmatisch!
Heute benötigt jemand, der von der City zum Flughafen will oder umgekehrt, etwa eine halbe Stunde mit der S-Bahn. Es gibt nur zwei Linien(S2 und S3) dorthin, die durchschnittlich alle 20 Minuten fahren; nach 20 Uhr sogar nur noch zweimal pro Stunde.
Schon heute ließe sich die Anbindung verbessern, wenn man die Taktzahl verdichten würde, d.h. wenn alle 10 Minuten eine S-Bahn-Linie fahren würde.
Wer von der Region Stuttgart aus zum Flughafen will, muss heute immer erst in die City, zum Hauptbahnhof, bevor er direkt zum Flughafen mit öffentlichen Verkehrsmitteln gelangt.
Die K21-Befürworter schlagen daher eine neue Haltestelle der Regionalzüge in Stuttgart-Vaihingen vor: Dadurch verkürzte sich für alle Anreisenden aus Süd-/West-Richtung die Fahrtzeit zum Flughafen um 30 Minuten (weil man nicht mehr bis in die City fahren müsste).
Außerdem ließe sich (und dies ist schon immer MEINE Rede!) durch den Einsatz von sogenannten Expressbahnen, die direkt vom Hauptbahnhof ohne Halt zum Flughafen fahren, die Fahrtzeit auf 18 Minuten verkürzen!
Eine bereits existierende S-Bahn könnte sogar zu einer Ring-S-Bahn verlängert werden.
F A Z I T
Allein diese Ring-S-Bahn und die Expresslinie könnten sowohl den Flughafen wie auch die dort gelegene neue Landesmesse besser erschließen.
Diese Möglichkeiten wären kurzfristiger zu realisieren und brächten direkten und unmittelbaren Nutzen für Bürger und Bahnreisende.
Die magischen fünf Bausteine von K21
K21 besteht aus fünf Bausteinen, die sich in Stufen realisieren lassen:
- Modernisierung des bestehenden Kopfbahnhofs
"Ertüchtigung" des Gleisvorfeldes (Tunnelgebirgs-Ausbau)
Integralen Taktfahrplan verbessern
Anbindung der Neubaustrecke nach Ulm
Bessere Anbindung an Flughafen und Neue Messe
Das schlagende Sachargument für die K21-Alternative scheint mir, dass nach jeder Ausbaustufe Bürger und Bahnreisende sofort und unmittelbar einen Nutzen haben.
Bei S21 dauert es dagegen bis zum Jahr 2020 bis ein spürbarer Nutzen sichtbar und erlebbar wird.
DIES wurde heute jeder und jedem deutlich, der den Vormittag in der vierten Schlichtungsrunde vor dem Fernseher auf dem Ereignissender Phoenix mit verfolgte!
Wer das eine oder andere Detail nachlesen möchte, klicke auf die oben rot markierten Worte; hinter diesen habe ich zu den jeweiligen Präsentationen verlinkt. Oder surfen Sie direkt zum Youtube-Kanal von Phoenix, dort können Sie die sieben Stunden der vierten Schlichtungsrunde nachträglich verfolgen.
Auch auf Fluegel-TV finden sich ergänzende Informationen, wie etwa das K21-Konzept, sehr anschaulich als pdf aufbereitet. Klicken Sie auf die rot markierten Worte!
Ich hoffe, ich konnte die sehr komplexen Ausführungen zum K21-Konzept in den wichtigsten Punkten für Sie, liebe Leserinnen und Leser meines Blogs, verständlich aufbereiten!?
Teresa HzW - 12. Nov, 20:24 - Rubrik Widerworte
Ich versuche einfach "nur" die Facetten und Aspekte darzustellen, die anderswo zu kurz kommen; ich freue mich sehr, dass ich dabei den Lesenerv geneigter Leserinnen, wie den Ihren, treffe!
Herzlich
Teresa
Ebenfalls herzliche Grüße zurück, Anita.