Tagwerk2-3-Historische Stunden I

Heute gibts zwei Tagwerke auf einmal, denn es war so viel los:

11. Mai
Eine verwinkelte Burganlage. Ein Kloster….

Tschakka. Es gibt Länder mit Männ[sch]e[r]n, die Mumm in den Knochen: Vier Wirtschafts-Professoren aus Portugal erfüllen den Job, den eigentlich schon längst Staatschefs und ihre Regierungen hätten erledigen können sollen müssen: Sie verklagen die Ratingagenturen Moody`s, Standard&Poor`s und Fitch wegen Manipulation der Finanzmärkte. BRAVO!
Ich wundere mich seit geraumer Zeit, was sich die Regierungen der Mitgliedsstaaten der EU alles gefallen lassen. Mir fehlen die Worte, dass es allen Staaten miteinander immer noch nicht gelungen ist, die Finanzmärkte einzubremsen. Ich habe mich schon immer gefragt, woher ein privates Finanzunternehmen das Recht und die Macht nimmt, beurteilen zu können, ob ein Staat Triple-A oder „B[äh]“ ist!
Die drei Agenturen dominieren den Markt der Ratingagenturen zu neunzig Prozent erfuhr ich nebenbei beim "TV hören", was faktisch einem Kartell entspricht! Nach den europäischen wettbewerbsrechtlichen Gesetzen könnte man insofern von einem Machmissbrauch der o.g. Agenturen sprechen. Ferner besitzen diese Ratingagenturen selbst einen Großteil der Investmentfonds, die auf dem Börsenmarkt gehandelt werden und sehr lukrativ sind. Sie handeln daher als Marktteilnehmer am Börsenmarkt auch im eigenen Interesse. Als Ratingagentur haben sie zudem einen Zugriff auf bestimmte, privilegierte Informationen, die andere Börsenteilnehmer nicht haben.
Diese drei Ratingagenturen sind also einerseits selbst Beteiligte an den Finanzmärkten. Andererseits agieren sie als „Richter“, da sie in ihrer Eigenschaft als „Bewerter“ die Finanzkraft anderer beurteilen. Auch die Investmentfonds hängen von den Bewertungen ab, die sie geben. Unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten ein Unding!

Ich erinnere mich an Gunter Sachs, nicht erst bei "Hart aber Fair". Bin ihm mal begegnet. Beim Friseur. Da hatte er eine vollbusige Blondine dabei.

Spätnachts erfahre ich mit einem Auge zum Fernseher, dass die FDP-Vorzeigefrau Koch-Mehrin von allen ihren politischen Ämtern zurückgetreten ist, weil sie auch plagiiert hat in ihrer Doktorarbeit. Dann fallen mir die Augen zu, wurde aber auch Zeit-für beides ;-)


12. Mai

Heute schreiben die Baden-Württemberger erneut [politische] [Zeit]Geschichte und das Musterländle macht seinem Namen alle Ehre: 73 Abgeordnete wählen den ersten grünen Ministerpräsidenten Deutschlands - Winfried Kretschmann. Im ersten Wahlgang. Darunter auch zwei von den schwarz-gelben Oppositionsparteien. Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag ätzt in Richtung des alten Koalitionspartners CDU: „Es gibt wahrscheinlich bei der CDU einige, die seit knapp 60 Jahren gewöhnt sind, bei Ministerpräsidenten-Wahlen mit Ja zu stimmen“. Eine Geschmacklosigkeit, die den schlechten politischen Stil der ehemals Liberalen unterstreicht und zeigt, da ist einer ein schlechter Verlierer und kann eines nicht: „Haltung wahren“. In einer historischen Stunde hält man sich zurück.

Mich erstaunt, dass der neue Ministerpräsident bei seiner Vereidigung auf die Bibel schwört: "So wahr mir Gott helfe“.

Während der historischen Stunde im Landtag verdunkelt sich der Himmel über Stuttgart: Ein Wolkenbruch geht hernieder, begleitet von einigen Donnerschlägen. Quasi als ob der Himmel uns heim läuten wolle. Als ob jemand von noch weiter oben der neuen Regierung ge-mahnen will. Immerhin ist BW das wirtschaftsstärkste Bundesland, Exportland Nummer eins und unter den über 350 Regionen[i.S. v Bundesländer] Europas Innovationsland Nummer eins [wenn man den Innovationsindex aller europäischer Regionen der EU27 miteinander vergleicht]. Im Stammland von Porsche und Daimler mit über 1000 Zuliefererbetrieben allein im Automobilbereich, lässt der Schwabe auf sein „Heilix Blechle“ auch nichts kommen. Die Aussage Kretschmanns vor einigen Wochen: „Weniger Autos sind besser wie mehr“ irritiert hier nach wie vor – die Selbständigen und vor allem die Hunderttausenden Beschäftigten selbst. Wenn ein Ministerpräsident [damals noch in spe] dies sagt, wird das von manchen auch als Aufforderung zum Arbeitsplatzabbau gesehen. Ist daher der Industriekern Baden-Württembergs in Gefahr? Oder gelingt der neuen Landesregierung das Kunststück, Ökologie und Ökonomie zu vereinen? Jetzt sind alle gespannt, wie der neue Ministerpräsident und die neuen Minister sich in den nächsten hundert Tagen machen werden. Eine Chance haben die Neuen ja erstmal verdient, nicht wahr.

Jetzt kommt gleich "besonderer Besuch" vorbei... obwohl ich jetzt viel lieber Ihnen, meinen Kommentator[inn]en, hier antworten täte...

So haben wir uns beide zu gedulden, Sie und ich. Dann aber morgen... da antworte ich Ihnen mit umso größerer Freude. Versprochen.
1609 mal gelesen
Der Buecherblogger (Gast) - 13. Mai, 13:04

Der Katholik und das "Heiligs Blechle"

Tagwerk 1 - 3 habe ich sehr gern gelesen, vor allem wegen des eigenen Schreibstils. "Was nun, Herr Kretschmann" habe ich gestern im ZDF noch gesehen. Die beiden Fragenden ZDF-Journalisten waren auch Bedenkenträger was den Industriestandort angeht. Die Antworten des "grünen gläubigen Katholiken" fand ich sehr einleuchtend. Den Zweiflern fehlt es an Vorstelungskraft, wie eine mobile Gesellschaft von morgen aussehen könnte. Für sie scheint Zukunft darin zu bestehen, aus einem 300KW/PS-Porsche, einen 600 KW/PS-Porsche zu entwickeln. Bezahlbare Elektrofahrzeuge, die am besten den Strom aus regenerativen Energiequellen beziehen, wären mir lieber. Ich freue mich über diese neue Rubrik und auf Tagwerk 4!

Teresa HzW - 16. Mai, 13:12

@Bücherblogger

Vielen Dank, dass meine ersten Tagwerke Ihnen gefielen. Ich komme mir dabei vor, wie der Landwirt, der frühmorgens hinaus in die Natur fährt, um seine Felder zu bestellen ;-)
Die mobile Gesellschaft wird darin sicher noch oft [m]ein Schreib-Gegenstand sein. Danke für den Hinweis auf die Religionszugehörigkeit des neuen Regierungschefs, da war mir gleich klar, warum er auf die Bibel den Amtseid leistete. Ich las am Samstag in der Regionalzeitung, dass er nun nicht mehr in seinem katholischen Kirchenchor in Laiz [bei Sigmaringen] mitsingen kann [wegen der Amtsgeschäfte und vielen Termine, die ihn nun in Anspruch nehmen werden, muss er das regelmäßige Singen aufgeben].
In meinem Hinterkopf saß zu sehr, um es mit Max Frisch zu sagen und zu gestehen, das Bild vom „Ethik-Lehrer“ fest. Dieses Ab-Bild ist nun gerade gerückt ;-)

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