Viechereien
Heute. In der größten Mittagshitze, lag es einfach da. Vor der Haustür. Unter dem Haselnussstrauch. Wie frisch abgelegt. Sorgfältig hingelegt. Besser kauernd. Auf dem Bauch. Es konnte weder fliegen noch kriechen noch klettern noch war es einer sonstigen Fortbewegung fähig. Das Eichhörnchen. Nicht irgendeins. Sondern ein Frischling. Ein frisch Geborenes. Weit und breit keine Tierfamilie, auch kein Nest. Da in unmittelbarer Nähe keine Bäume stehen. Nur Sträucher.
Ein gefundenes Fressen für die Katzen.
Aber Alter Egon, der es fand, schaltete geistesgegenwärtig in den Turbogang [und das bei 34 Grad im Schatten] und sperrte sofort die Katzen weg. Glücklicherweise lagen die faul im Haus oder auf der Terrasse herum. Hitzegeschädigt. Zu matt. Zum Jagen.
Danach:
Alter Egon und Mich suchen die Umgebung ab - nach einem Nest. Nach anderen Eichhörnchen. Denn, wie ich schnell im Internet herausfand: Ein Eichkatzl kommt selten allein. Meist teilt es sich das Nest mit seinesgleich und wächst gesellig mit seinen Geschwistern auf. Die Minuten und drei Viertelstunden vergehen. Ohne dass sich ein anderes Eichhörnchen näherte.
Derweil wurde die Frage diskutiert: Darf man ein Eichhörnchen anfassen? [Ja, man darf!]
Was tun, wenn weder Mutter noch Vater Eichkatz nach dem verlorenen Kind suchen? [Nach einer angemessenen Wartezeit sollte man sich des herrenlosen Tieres annehmen...]
Zwischenzeitlich verdunkelte sich der Himmel, Gewitterwolken zogen heran und Wind frischte auf.
„Vermutlich nicht so gut für das Kleine“, meinte Lotte, die Nachbarin, die mit ihrem Kopf zwischenzeitlich über dem Zaun hing und sich die Augen verdrehte, dass ihr nur ja nichts entging und dazu gute Ratschläge gab. „Dass es sich nur nicht verkühlt, sonst stirbt es Euch unter den Händen weg.“
Alter Egon hatte es zwischenzeitlich mit einem [meiner] Baumwoll[geschirr]tu[e]ch[er] in seine groß-pratzige Hand aufgenommen und eine Kuhle geformt. Eichkatzlbaby kauerte sich hinein, zupfte mal hie und mal da mit seinen kleinen, aber bereits scharfkantigen Krallen ins Wolltuch und ließ leise Schmatzlaute vernehmen.
Wie ich auf der Eichkätzchen-Schutzseite las, genau die richtige Erste Hilfe–Maßnahme für den verlorenen Eichkatzsohn [Alter Egon hatte fachmännisch als erster das Geschlecht identifiziert].
Derweil draußen vor der Tür, die nachbarschaftliche Traube anwuchs, sich um eine Kinderschar vergrößerte und Wortfetzen - wie „Ach ist das süß, wie klein der noch ist, darf ich den mal streicheln?“ – zu mir in die gute Stube drangen...
Derweil ich mir die Finger "wund" telefonierte: Zuerst beim Tierarzt, um die Telefonnummer des sonntäglichen Nottierarztes in Erfahrung zu bringen. Natürlich hatte einer Notdienst, der am anderen Ende des Kreises ansässig, das wären mal eben dreißig, vierzig Kilometer einfache Fahrt gewesen. Doch dort beim Tiernotdienst lief nur der AB.
"Die sind heute bestimmt alle im Freibad und an den Baggerseen", dachte ich mir. Und überlegte, wer noch Rat und Tat wüßte.
Vielleicht die Tierklinik?
„Bitte hören Sie sich das Band bis zu Ende an“, meinte die nette Ansagerin. „Wählen Sie nun die eins, wenn es sich um einen Notfall handelt!“ Unter der zwei erfahren Sie die Behandlungszeiten.
Eins getippt. Klicker-Klacker.
"Tierklinik…krchhz…."
"Ja, hier….TH[Z]W…wir haben ein Eichhörnchenbaby gefunden. Die Mutter ist verschwunden. Können Sie uns weiter helfen?" Ich klicke auf Raumton.
„Occhh… [den "wie süsss"-Ausruf unterdrückte die Mitarbeiterin gerade noch]… ist es verletzt?“
„Nein.“
„Dann können Sie es doch aufziehen.“
„Bitte???“
„Ja, Sie können es aufziehen. Wir kümmern uns nur um verletzte Tiere...“
Zwischenzeitlich bevölkern sämtliche Leute die gute Wohnstube, Alter Egon eingerahmt in der Mitte, das Eichkatzlbaby, in der Baumwollwindel, mit seinen großen Männerpranken schützend.
Mein Gesicht entgleist, das von Alter Egon ebenso, Mich unterdrückt einen lauten Lacher, die Nachbarin feixt, die Kinder rufen im Chor: „Au jaaaa!“ - als sie das hören: "Sie können es aufziehen..."
„Das geht nicht. Wir können uns nicht rund um die Uhr um ein Eichkätzchenbaby kümmern.“
„Sie können es nicht ein paar Tage aufpäppeln?“
„Nein, wir sind berufstätig!“ [während in meinem Geiste die Arbeitsberge dieser Tage zu wahren Lawinen anwachsen, verfinstert sich meine Miene] – bei aller Tierliebe, das hätte gerade noch gefehlt, flüstere ich Alter Egon zu, während ich das Telefonmikro kurz abdecke und danach die Eichkätzchen freundliche Tierklinikmitarbeiterin frage:
„Wer kann uns denn weiterhelfen?“
„Hm… dann versuchen Sie es am besten mal im Tierheim.“
„Unter dem Notruf?“
„Ja… und falls Sie dort niemanden erreichen oder die Ihnen auch nicht weiterhelfen können, dann rufen Sie nochmal an.“
„O.k., danke.“
Der Telefonnotruf vom Tierheim…
Moment, den haben wir doch eingespeichert.
Es klingelt lange, bis jemand rangeht.
Ich wiederhole mein Sprücherl und äußere die bange Frage: „Können Sie uns weiter helfen?“ Und schiebe gleich nach, dass das Tier „unverletzt“ sei.
Im Geiste sehe ich mich an diesem heißen Tag schon auf der Autofahrt nach Bayern, wo die netten Eichkätzchenhüter vom Eichhörnchen-Schutz e.V. sitzen, als die erlösende Nachricht gesprochen wird:
„Ja, wir haben eine Eichhörnchen-Aufzucht-Station, also jemanden, der das macht.“
Ein Stein fällt mir vom Herzen.
Es geht noch ein Weilchen hin und her wie wir das nun handhaben.
Kurz darauf sitzen wir im Auto.
Tierpfleger Egon. Und mit mir am Steuer.
Während der Himmel sich weiter verdunkelt[und ich um die ausgelassenen Markisen bange, dass nur keines dieser berühmten lokalen Blitz-Hagel-Sturm-Böen während unserer Abwesenheit niedergeht und uns alles, was wir liegen und stehen gelassen, zerfetzt].
Wir düsen auf schnellstem Weg ins Tierheim. Nicht ohne, dass die Kids zuvor noch ein Video und einige verwackelte Bilder vom „August“ – wie sie ihn kurzerhand „tauften“ – aufgenommen.
Hunde-Führerinnen empfangen uns am Tor mit dem bereits gewohnten Ausruf des Entzückens - „wie süß“ und „wie klein“ der doch sei. Bevor eine von dem kleinen August ebenfalls ganz hingerissene Tierpflegerin ihn uns abnimmt. Alter Egon kann sich nur schwer trennen. Es wird noch ein Weilchen geseufzt, ein wunderschöner einjähriger Schäferhund-Mischling begutachtet. Bevor ich energisch ausrufe:
„Jetzt schnell weg, sonst nehmen wir noch einen Hund mit heim und dann können wir bald selbst eine Tierstation aufmachen.“
Achja:
Auf dem Heimweg wollte natürlich Alter Egon ans Steuer und fuhr..... prompt... in eine Radarfalle.
Während sich zuhause....
..... das Wasser über Terrassenmöbel, Fenster und in den Garten ergoss. Nicht weil das befürchtete lokale Blitzgewitter niederging. Nein, weil der Alte Egon, in seiner Faszination und der ganzen Aufregung mit dem Eichkatzl, vergessen hatte, den Wasserschlauch, mit dem er einige empfindliche Pflanzen gegossen, richtig abzudrehen. Nachdem der Wasserdruck im Schlauch zu groß geworden, machte der Schlauch sich irgendwie selbstständig und tanzte auf der Terrasse über den Möbeln herum, weil der ihn dort sinnigerweise hingehängt hatte.
„Mal eben“….
Zuguterletzt:
Nicht dass Sie denken, dieses Blog mutiert nun zu einem Tier-Blog. Doch manchmal häufen sich die tierischen Ereignisse.
....und ist er nicht doch "süssss".... der kleine Eichkatz
3254 mal gelesen
Ein gefundenes Fressen für die Katzen.
Aber Alter Egon, der es fand, schaltete geistesgegenwärtig in den Turbogang [und das bei 34 Grad im Schatten] und sperrte sofort die Katzen weg. Glücklicherweise lagen die faul im Haus oder auf der Terrasse herum. Hitzegeschädigt. Zu matt. Zum Jagen.
Danach:
Alter Egon und Mich suchen die Umgebung ab - nach einem Nest. Nach anderen Eichhörnchen. Denn, wie ich schnell im Internet herausfand: Ein Eichkatzl kommt selten allein. Meist teilt es sich das Nest mit seinesgleich und wächst gesellig mit seinen Geschwistern auf. Die Minuten und drei Viertelstunden vergehen. Ohne dass sich ein anderes Eichhörnchen näherte.
Derweil wurde die Frage diskutiert: Darf man ein Eichhörnchen anfassen? [Ja, man darf!]
Was tun, wenn weder Mutter noch Vater Eichkatz nach dem verlorenen Kind suchen? [Nach einer angemessenen Wartezeit sollte man sich des herrenlosen Tieres annehmen...]
Zwischenzeitlich verdunkelte sich der Himmel, Gewitterwolken zogen heran und Wind frischte auf.
„Vermutlich nicht so gut für das Kleine“, meinte Lotte, die Nachbarin, die mit ihrem Kopf zwischenzeitlich über dem Zaun hing und sich die Augen verdrehte, dass ihr nur ja nichts entging und dazu gute Ratschläge gab. „Dass es sich nur nicht verkühlt, sonst stirbt es Euch unter den Händen weg.“
Alter Egon hatte es zwischenzeitlich mit einem [meiner] Baumwoll[geschirr]tu[e]ch[er] in seine groß-pratzige Hand aufgenommen und eine Kuhle geformt. Eichkatzlbaby kauerte sich hinein, zupfte mal hie und mal da mit seinen kleinen, aber bereits scharfkantigen Krallen ins Wolltuch und ließ leise Schmatzlaute vernehmen.
Wie ich auf der Eichkätzchen-Schutzseite las, genau die richtige Erste Hilfe–Maßnahme für den verlorenen Eichkatzsohn [Alter Egon hatte fachmännisch als erster das Geschlecht identifiziert].
Derweil draußen vor der Tür, die nachbarschaftliche Traube anwuchs, sich um eine Kinderschar vergrößerte und Wortfetzen - wie „Ach ist das süß, wie klein der noch ist, darf ich den mal streicheln?“ – zu mir in die gute Stube drangen...
Derweil ich mir die Finger "wund" telefonierte: Zuerst beim Tierarzt, um die Telefonnummer des sonntäglichen Nottierarztes in Erfahrung zu bringen. Natürlich hatte einer Notdienst, der am anderen Ende des Kreises ansässig, das wären mal eben dreißig, vierzig Kilometer einfache Fahrt gewesen. Doch dort beim Tiernotdienst lief nur der AB.
"Die sind heute bestimmt alle im Freibad und an den Baggerseen", dachte ich mir. Und überlegte, wer noch Rat und Tat wüßte.
Vielleicht die Tierklinik?
„Bitte hören Sie sich das Band bis zu Ende an“, meinte die nette Ansagerin. „Wählen Sie nun die eins, wenn es sich um einen Notfall handelt!“ Unter der zwei erfahren Sie die Behandlungszeiten.
Eins getippt. Klicker-Klacker.
"Tierklinik…krchhz…."
"Ja, hier….TH[Z]W…wir haben ein Eichhörnchenbaby gefunden. Die Mutter ist verschwunden. Können Sie uns weiter helfen?" Ich klicke auf Raumton.
„Occhh… [den "wie süsss"-Ausruf unterdrückte die Mitarbeiterin gerade noch]… ist es verletzt?“
„Nein.“
„Dann können Sie es doch aufziehen.“
„Bitte???“
„Ja, Sie können es aufziehen. Wir kümmern uns nur um verletzte Tiere...“
Zwischenzeitlich bevölkern sämtliche Leute die gute Wohnstube, Alter Egon eingerahmt in der Mitte, das Eichkatzlbaby, in der Baumwollwindel, mit seinen großen Männerpranken schützend.
Mein Gesicht entgleist, das von Alter Egon ebenso, Mich unterdrückt einen lauten Lacher, die Nachbarin feixt, die Kinder rufen im Chor: „Au jaaaa!“ - als sie das hören: "Sie können es aufziehen..."
„Das geht nicht. Wir können uns nicht rund um die Uhr um ein Eichkätzchenbaby kümmern.“
„Sie können es nicht ein paar Tage aufpäppeln?“
„Nein, wir sind berufstätig!“ [während in meinem Geiste die Arbeitsberge dieser Tage zu wahren Lawinen anwachsen, verfinstert sich meine Miene] – bei aller Tierliebe, das hätte gerade noch gefehlt, flüstere ich Alter Egon zu, während ich das Telefonmikro kurz abdecke und danach die Eichkätzchen freundliche Tierklinikmitarbeiterin frage:
„Wer kann uns denn weiterhelfen?“
„Hm… dann versuchen Sie es am besten mal im Tierheim.“
„Unter dem Notruf?“
„Ja… und falls Sie dort niemanden erreichen oder die Ihnen auch nicht weiterhelfen können, dann rufen Sie nochmal an.“
„O.k., danke.“
Der Telefonnotruf vom Tierheim…
Moment, den haben wir doch eingespeichert.
Es klingelt lange, bis jemand rangeht.
Ich wiederhole mein Sprücherl und äußere die bange Frage: „Können Sie uns weiter helfen?“ Und schiebe gleich nach, dass das Tier „unverletzt“ sei.
Im Geiste sehe ich mich an diesem heißen Tag schon auf der Autofahrt nach Bayern, wo die netten Eichkätzchenhüter vom Eichhörnchen-Schutz e.V. sitzen, als die erlösende Nachricht gesprochen wird:
„Ja, wir haben eine Eichhörnchen-Aufzucht-Station, also jemanden, der das macht.“
Ein Stein fällt mir vom Herzen.
Es geht noch ein Weilchen hin und her wie wir das nun handhaben.
Kurz darauf sitzen wir im Auto.
Tierpfleger Egon. Und mit mir am Steuer.
Während der Himmel sich weiter verdunkelt[und ich um die ausgelassenen Markisen bange, dass nur keines dieser berühmten lokalen Blitz-Hagel-Sturm-Böen während unserer Abwesenheit niedergeht und uns alles, was wir liegen und stehen gelassen, zerfetzt].
Wir düsen auf schnellstem Weg ins Tierheim. Nicht ohne, dass die Kids zuvor noch ein Video und einige verwackelte Bilder vom „August“ – wie sie ihn kurzerhand „tauften“ – aufgenommen.
Hunde-Führerinnen empfangen uns am Tor mit dem bereits gewohnten Ausruf des Entzückens - „wie süß“ und „wie klein“ der doch sei. Bevor eine von dem kleinen August ebenfalls ganz hingerissene Tierpflegerin ihn uns abnimmt. Alter Egon kann sich nur schwer trennen. Es wird noch ein Weilchen geseufzt, ein wunderschöner einjähriger Schäferhund-Mischling begutachtet. Bevor ich energisch ausrufe:
„Jetzt schnell weg, sonst nehmen wir noch einen Hund mit heim und dann können wir bald selbst eine Tierstation aufmachen.“
Achja:
Auf dem Heimweg wollte natürlich Alter Egon ans Steuer und fuhr..... prompt... in eine Radarfalle.
Während sich zuhause....
..... das Wasser über Terrassenmöbel, Fenster und in den Garten ergoss. Nicht weil das befürchtete lokale Blitzgewitter niederging. Nein, weil der Alte Egon, in seiner Faszination und der ganzen Aufregung mit dem Eichkatzl, vergessen hatte, den Wasserschlauch, mit dem er einige empfindliche Pflanzen gegossen, richtig abzudrehen. Nachdem der Wasserdruck im Schlauch zu groß geworden, machte der Schlauch sich irgendwie selbstständig und tanzte auf der Terrasse über den Möbeln herum, weil der ihn dort sinnigerweise hingehängt hatte.
„Mal eben“….
Zuguterletzt:
Nicht dass Sie denken, dieses Blog mutiert nun zu einem Tier-Blog. Doch manchmal häufen sich die tierischen Ereignisse.
....und ist er nicht doch "süssss".... der kleine Eichkatz
Teresa HzW - 21. Aug, 19:31 - Rubrik Fund[W]orte