Kapitel 68 - Rayuela VIII

Evohé! Evohé!




Andere Leseeindrücke zu Kapitel 68 beim Bücherblogger
2309 mal gelesen
Der Buecherblogger (Gast) - 22. Sep, 10:58

Glíglico

Ich war bei meiner Lektüre nicht gründlich genug und zu ungebildet. Evohé!, damit konnte ich erst einmal nichts richtig anfangen. Pech gehabt, wenn man kein Griechisch kann oder es an Allgemeinbildung fehlt. Also ein verzückter Ausruf der Bacchantinnen aus dem Griechischen, der entweder ihre eigene Lust untereinander begleitet oder ihren Gott Dionysus herbeirufen soll. Euripides habe ich auch nicht gelesen. Cortàzar erfindet also eine eigene Phantasiesprache "Glíglico", in der sich die Gefühle von Horacio und der Maga ausdrücken sollen. Vorbilder womöglich Joyce oder Lewis Carroll´s "Jabberwocky"-Gedicht. Diese Spur scheint mir auch deshalb interessant, weil der sprachliche Ton, die Musik, im Kapitel 68 witzig und humorvoll klingt. Die Sprache nimmt dem gemeinsamen Liebesspiel quasi die Lasten der körperlichen Anstrengung und der Fallstricke der Lust ab. Vielleicht beabsichtigt er damit eher Leichtigkeit, als z. B. die mehr elegische Hintergrundmusik des Filmclips oben, der ja eine Liebeserklärung an eine Frau ist. Vielleicht soll damit auch der männliche, ernste intellektuelle Blickwinkel in Frage gestellt werden, und die weibliche Lust, die Unbekümmertheit der Maga, vielleicht auch lesbische Liebe mit konnotiert werden. Bei meinen kurzen Recherchen stieß ich sogar auf eine den Bacchantinnenmythos aufgreifende sehr erotische Erzählung von Alfred de Musset "Gamiani", in der zwei Frauen und ein Mann das Bett teilen.. Mir gefällt der Videoclip in seiner Ästhetik, aber mich hat Ihr kurzer Beitrag sehr ins Nachdenken gebracht und ich bin auch bei weitem noch nicht damit fertig.

Teresa HzW - 22. Sep, 23:37

Drama des [Liebes]Spiels

Sehr poetisch Ihre Eingabe, mein Bücherfreund.
Euripides vielleicht besser über seine Werke bekannt, wie "Medea" oder "Iphigenie bei den Tauren". Letzteres eher durch uns` Johann Wolfgang Goethe`s "Iphigenie auf Tauris", mit dem Generationen von GymnasialschülerInnen im Deutschunterricht "gequält" (jedenfalls empfindet man das im zarten Kindesalter von 11 oder 12 so), jedoch zu Cäsar`s "De Bello Gallico" eine wahre Wohltat, ein Ausgleich.
"Iphigenie" bei Goethe ein klassisches deutsches Drama! Wie auch die verschlungenen Pfade der Liebe oftmals ein Drama! Verschlungen auch im Labyrinth "Rayuelas", zwischen Horacio und der Maga, die eigentlich Lucia heißt, nur Horacio, alias Julio, sie so liebkosend nennt.

Kap. 68 - das "Drama", die Zuspitzung der [Liebes]Lust!?
Kap. 68 - die Fantasiesprache Cortázars, sein Versuch, dem durch Worte Unbeschreiblichen, Unaussprechlichen, dennoch Ausdruck zu verleihen: Auf 24 Zeilen lautmalt er diesen dramatischen Akt des [Liebes]Spiels.

La Rayuela - Himmel und Hölle - das Spiel auch in der Liebe.
Oder meint Cortázar mit dem Buchtitel gar "nur" das "SPIEL" mit dem/den Feuern der Liebe?

Jede und jeder wird das aus Kapitel 68 heraus oder hinein lesen, wonach ihr oder ihm zumute.

Und weil wir nun soooo viel von den Lautmalereien und der Fantasie Cortázars schreiben, für die/den geneigte/n Leser/in hier eine kleine Kostprobe:
"Es zitterte der Trock, das Mariplüm war überwunden, und alles löste sich in einem tiefen Pinex, in Nestschlick und aufgekräuselten Seiden, in beinah grausamen Zerrlichkeiten, die sie ordopeinigten bis zur Grenze ihrer Minne-Zwänge."

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