Leuchtspur - E 1st St
Wie feiert[e] der große alte Mann der Postmoderne am Samstag seinen siebenundneunzigsten Geburtstag?
Das frag[t]e ich mich und mach[t]e mich am Wochenende auf den Weg in seine Welt.
Korrekt gekleidet, in seinem schwarzen dreiteiligen Anzug, mit weißem Hemd und verknittertem Kragen, inmitten seiner Katzen, deren Liebe er erst im letzten Drittel seines Lebens entdeckte, finde ich ihn: In seinem kleinen Holzhaus. Auf dem Fußboden. Auf Bodenkissen sitzend. Inmitten Büchern und Fotografien. Er starrt mit leerem Blick vor sich hin. Ob er sich einen Schuss gesetzt?
Irgendwann blickt er auf. Wen er vor sich sieht? Sie? Jene, die ihm nur noch in seinen [Alp]Träumen erscheint? Ohne deren tragischen Tod er nie zum Schreiben gekommen wäre: "Hau ab! Was willst Du hier!" knarrt er und fuchtelt wild in der Luft herum. In [s]einem seltsamen Sing-Sang, das weder Rede noch richtige Sprache ist, A-Tonalität, der kalte Hauch eines Lebens, das längst zu Ende ist.
"Hau ab! Verschwinde!", knauzt er, dieses Mal in meine Richtung.
Ich bleibe wie angewurzelt stehen.
Die ihn besser kennen, Schriftsteller, auch Freunde, hatten mich gewarnt:
Bukowski: "Der Miesepeter. Wird nicht mit Dir reden."
und
Ginsberg: "Wenn Du ein knackiger Jüngling wärst."
Bukowski: "Ließ mich damals einfach stehen. Fuck."
Ginsberg: "Sechs Jahre lang flüchtete er vor mir."
Bukowski: "Nach einer gemeinsamen Lesung!"
Ginsberg: "Er mied jeden persönlichen Kontakt!"
Bukowski: "Eine gemeinsame Lesung. Mit ihm. Damn."
Ginsberg: "Ich war verzweifelt."
Bukowski: "Er klappte das Buch zu. Stand auf. Ging."
Ginsberg: "Ich wollte mir sogar das Leben nehmen."
Bukowski: "Arrogantes Arschloch! Son of a bitch!"
Ginsberg: "Sechs Jahre lang nur Briefe!"
"Genau! Die Briefe!", sie fallen mir ein, eben, als ER, der große Poet, so teilnahmslos dasitzend, seiner Mieze zugewandt, sie hinter den Ohren kraulend, ihr ins Ohr flüsternd, wispernd.
"Wir. Die Jugend. Die junge Generation. Wir Jungen, wollen mit Ihnen reden…", versuche ich erneut mein Glück.
ER hebt kurz den Kopf, mustert mich, aus tief eingefallenen Augenhöhlen.
Mich fröstelt; der Blick durchbohrt meinen Körper, durchgleitet ihn wie ein Laserstrahl.
Dennoch.
Ich halte stand. Schaue fest auf sein aschgraues Gesicht. Zähle die tiefen Furchen, die sein Gesicht durchkreuzen. Wie Querstreben den kantigen Kopf halten, der auf dem dürren Körpergerüst sitzt.
Langsam gehe ich in die Hocke, den Blick weiter auf ihn gerichtet und wispere: "Ssssssss, wissssss, sssssssss, wissss, sssss, wissss."
Sie, die andere "Dame" dreht langsam ihren schwarz behaarten Kopf herum. Zwei große grüne Augen funkeln mich an.
"Sssss.Wissssss.Ssssssss"
Langsam, ganz langsam streckt sie erst das eine, dann das andere Bein. Dehnt sich. Erhebt sich. Gleitet von seinem Schoß. Nähert sich. MIR.
Reckt ihren Kopf vor.
Ich gehe in die Hocke, ziehe die Knie an, kauere mich auf den Boden, strecke ihr die Nase hin.
Erst schnuffelt sie, dann endlich gibt sie mir den Nasenstüber.
"Kommen Sie aus der affigen Haltung hoch; setzen Sie sich", knauzt er ärgerlich.
Schweigend erhebe ich mich.
"Was wollen sie? Es ist alles geschrieben. Alles gesagt.", herrscht er mich an.
"Nicht alles!" erwidere ich.
"Beinahe alles. Kann beinahe alles nachgelesen werden."
"Ich möchte es aus erster Hand hören", lasse ich nicht locker, ihn weiter fest im Visier; langsam setze ich mich auf eines der Kissen, die überall auf dem Boden im ganzen Raum verteilt.
"Now, come on, Babe. Don`t bore the arss off me. Fangen Sie an. Fragen Sie. Aber nur - solange Ruski bei Ihnen bleibt."
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Das frag[t]e ich mich und mach[t]e mich am Wochenende auf den Weg in seine Welt.
Korrekt gekleidet, in seinem schwarzen dreiteiligen Anzug, mit weißem Hemd und verknittertem Kragen, inmitten seiner Katzen, deren Liebe er erst im letzten Drittel seines Lebens entdeckte, finde ich ihn: In seinem kleinen Holzhaus. Auf dem Fußboden. Auf Bodenkissen sitzend. Inmitten Büchern und Fotografien. Er starrt mit leerem Blick vor sich hin. Ob er sich einen Schuss gesetzt?
Irgendwann blickt er auf. Wen er vor sich sieht? Sie? Jene, die ihm nur noch in seinen [Alp]Träumen erscheint? Ohne deren tragischen Tod er nie zum Schreiben gekommen wäre: "Hau ab! Was willst Du hier!" knarrt er und fuchtelt wild in der Luft herum. In [s]einem seltsamen Sing-Sang, das weder Rede noch richtige Sprache ist, A-Tonalität, der kalte Hauch eines Lebens, das längst zu Ende ist.
"Hau ab! Verschwinde!", knauzt er, dieses Mal in meine Richtung.
Ich bleibe wie angewurzelt stehen.
Die ihn besser kennen, Schriftsteller, auch Freunde, hatten mich gewarnt:
Bukowski: "Der Miesepeter. Wird nicht mit Dir reden."
und
Ginsberg: "Wenn Du ein knackiger Jüngling wärst."
Bukowski: "Ließ mich damals einfach stehen. Fuck."
Ginsberg: "Sechs Jahre lang flüchtete er vor mir."
Bukowski: "Nach einer gemeinsamen Lesung!"
Ginsberg: "Er mied jeden persönlichen Kontakt!"
Bukowski: "Eine gemeinsame Lesung. Mit ihm. Damn."
Ginsberg: "Ich war verzweifelt."
Bukowski: "Er klappte das Buch zu. Stand auf. Ging."
Ginsberg: "Ich wollte mir sogar das Leben nehmen."
Bukowski: "Arrogantes Arschloch! Son of a bitch!"
Ginsberg: "Sechs Jahre lang nur Briefe!"
"Genau! Die Briefe!", sie fallen mir ein, eben, als ER, der große Poet, so teilnahmslos dasitzend, seiner Mieze zugewandt, sie hinter den Ohren kraulend, ihr ins Ohr flüsternd, wispernd.
"Wir. Die Jugend. Die junge Generation. Wir Jungen, wollen mit Ihnen reden…", versuche ich erneut mein Glück.
ER hebt kurz den Kopf, mustert mich, aus tief eingefallenen Augenhöhlen.
Mich fröstelt; der Blick durchbohrt meinen Körper, durchgleitet ihn wie ein Laserstrahl.
Dennoch.
Ich halte stand. Schaue fest auf sein aschgraues Gesicht. Zähle die tiefen Furchen, die sein Gesicht durchkreuzen. Wie Querstreben den kantigen Kopf halten, der auf dem dürren Körpergerüst sitzt.
Langsam gehe ich in die Hocke, den Blick weiter auf ihn gerichtet und wispere: "Ssssssss, wissssss, sssssssss, wissss, sssss, wissss."
Sie, die andere "Dame" dreht langsam ihren schwarz behaarten Kopf herum. Zwei große grüne Augen funkeln mich an.
"Sssss.Wissssss.Ssssssss"
Langsam, ganz langsam streckt sie erst das eine, dann das andere Bein. Dehnt sich. Erhebt sich. Gleitet von seinem Schoß. Nähert sich. MIR.
Reckt ihren Kopf vor.
Ich gehe in die Hocke, ziehe die Knie an, kauere mich auf den Boden, strecke ihr die Nase hin.
Erst schnuffelt sie, dann endlich gibt sie mir den Nasenstüber.
"Kommen Sie aus der affigen Haltung hoch; setzen Sie sich", knauzt er ärgerlich.
Schweigend erhebe ich mich.
"Was wollen sie? Es ist alles geschrieben. Alles gesagt.", herrscht er mich an.
"Nicht alles!" erwidere ich.
"Beinahe alles. Kann beinahe alles nachgelesen werden."
"Ich möchte es aus erster Hand hören", lasse ich nicht locker, ihn weiter fest im Visier; langsam setze ich mich auf eines der Kissen, die überall auf dem Boden im ganzen Raum verteilt.
"Now, come on, Babe. Don`t bore the arss off me. Fangen Sie an. Fragen Sie. Aber nur - solange Ruski bei Ihnen bleibt."
Teresa HzW - 7. Feb, 19:25 - Rubrik [Post]Moderne
Bevor ich mich hier oute, warte ich die Fortsetzung Ihres Textes ab :-)
Die Fortsetzung folgt... in Kürze;
heute hielt mich zunächst der "Feiertag" eines anderen bedeutenden Schriftstellers "auf", den ich persönlich auch unter [Post]Moderne einordne :-)