Sankt Bernhard
Heute morgen war ich ihm, Thomas Bernhard, erneut auf der Spur bzw. bin auf seinen Spuren gewandelt, der bayerischen Fußspur, die er einst hinterlassen hat.
Allerdings heißt das nicht, dass ich nun von einem Virus befallen bin. Es bedeutet auch nicht, dass Sie, meine mir gewogenen Leserinnen und Leser nun zu befürchten haben, dass mein Blog zu einem Sankt Bernhard-Gedächtnis-Blog mutieren wird. Gott, bewahre! Es liegt vielmehr daran, dass derzeit unglaublich viel gerade über diesen Schriftsteller publiziert wird. UND – Gott hab ihn seelig – wir begehen ja immerhin h e u t e auch seinen 22. Todestag. Kein Wunder, dass derzeit über diesen Mann unglaublich viel veröffentlicht wird: in Wort (ich berichtete), Bild (siehe dort unter Kommentare meine Verweise) und TON. JA, auch in Ton!
Besonders fleißig dabei: der Bayerische Rundfunk! Das mag nun an der Nähe zu Österreich liegen oder daran, dass man aus dem gleichen Volksstamm kommt oder eben daran, dass die Bayern den Thomas Bernhard als einen der Ihrigen ansehen. Immerhin ist er ja in Traunstein aufgewachsen und wäre beinahe in Passau auf der Handelsschule gelandet. Aber nur beinahe. Jedenfalls ist sein Jubeltag dem BR wohl Anlass genug gewesen, um auf ihn einen anderen BERNHARD anzusetzen, den Bernhard Setzwein, einen ebenfalls ganz herausragenden Schriftsteller, von dem ich schon viel gelesen habe [derzeit in meiner Lesearbeit "Das blaue Tagwerk" – sein literarisches Tagebuch mit Notaten aus den Jahren 1997 bis 2009]. Jedenfalls hat der lebendige Bernhard heute Morgen alle Frühaufsteher auf eine Reise mitgenommen, eine morgendliche Pilgerwallfahrt zu den Stätten des anderen – Gott-hab-ihn-seelig – Bernhard.
Und ich muss sagen, ich habe ganz neue Seiten entdeckt: Auf diesem einstündigen Kreuzweg sind wir an all den acht Stationen vorbei gekommen, die den jungen Thomas Bernhard einst in seiner bayerischen Kinder- und Jugendzeit geprägt haben. Diese Orte, Setzwein nennt sie denn auch bezeichnender Weise "Thomasbernhardorteaufsuchkrankheit", die manchen Zuhörer erst während des Zuhörens erfassen mag und anderen, wie mich, wie eine Art Kreuzigungsgang vorkam, weil der Weg, die besuchten Orte, die Bernhard Setzwein auswählte, eine Art Erklärung dafür liefern können, warum Thomas Bernhard als Erwachsener zu dem Menschen wurde, als der er offensichtlich von vielen wahrgenommen wurde "Misanthrop und Weltgrantler".
Dafür hat der lebendige Bernhard auch einige sehr eindrückliche Textbeispiele ausgewählt wie jenen: "Wie hasse ich diese mittelgroßen Städte mit ihren berühmten Baudenkmälern, von welchen sich ihre Bewohner lebenslänglich verunstalten lassen. [...] Salzburg, Augsburg, Regensburg, Würzburg, ich hasse sie alle, weil in ihnen jahrhundertelang der Stumpfsinn warmgestellt ist." (Thomas Bernhard)
Damit die Radiotour jedoch nicht zum Himmelfahrtskommando wird, stehen an manchen Stationen interessante Zeitzeugen, die einen zwar nicht mit einem Haferl Kaffee empfangen, nach dem es einen, also mich, bereits an der dritten Orts-Station gegen kurz vor halb Neun lechzte. Anstelle von Kaffee oder Tee haben sie interessante Geschichten aus dem Leben des kleinen [Schriftsteller-]Buben parat. Zum Beispiel sein alter Traunsteiner Schullehrer Willi Schwenkmeier, ein Thomasbernhardverfallener wie die Mitglieder des Kreises "Passauer Thomas Bernhard Freunde", eine Lesegesellschaft, die sich ganz dem Leben und Werk des österreichischen Schriftstellers verschrieben hat. Diese Bernhard-Freunde führen sogenannte "Volltextlesungen" in Passau und Umgebung durch. Sie lesen öffentlich Bernhard-Romane vom ersten bis zum letzten Satz, was drei oder vier Tage dauern kann, an denen jeweils unterschiedliche Leserinnen und Leser acht Stunden nonstop aus einem Werk vor-lesen. Das nächste Mal, übrigens, von Donnerstag, 10. März, bis Sonntag, 13. März 2011, aus Thomas Bernhards bekanntem Buch Frost. Ihr Motto entstammt, wie kann es anders sein, einem Thomas-Bernhard-Zitat: "Wir dürfen nicht nachlassen in unserer Intensität." (aus dem Thomas Bernhard Roman Korrektur, S.331)
Dieses Zitat und die überraschenden Eindrücke, die der andere BERNHARD über seinen (Nach)Namensvetter präsentierte, ließen mir die morgendliche Sankt Bernhard-Gedächtnisstunde im Nu verfliegen.
Eine hörenswerte Stunde zu den Wurzeln des literarischen Thomas Bernhard Kosmos, die Sie, liebe Blogleserinnen und -Leser, zu einer Ihnen angenehmeren Zeit nachträglich anhören können, da der Kultursender des BR, Bayern 2, Sie auch als kostenlosen podcast zum Herunterladen bereit hält unter http://www.br-online.de/podcast/mp3-download/bayern2/mp3-download-podcast-bayerisches-feuilleton.shtml
(Achtung podcast enthält etwa 49 MB)
Weitere Infos sind oben hinter den farbig markierten Worten verlinkt.
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Allerdings heißt das nicht, dass ich nun von einem Virus befallen bin. Es bedeutet auch nicht, dass Sie, meine mir gewogenen Leserinnen und Leser nun zu befürchten haben, dass mein Blog zu einem Sankt Bernhard-Gedächtnis-Blog mutieren wird. Gott, bewahre! Es liegt vielmehr daran, dass derzeit unglaublich viel gerade über diesen Schriftsteller publiziert wird. UND – Gott hab ihn seelig – wir begehen ja immerhin h e u t e auch seinen 22. Todestag. Kein Wunder, dass derzeit über diesen Mann unglaublich viel veröffentlicht wird: in Wort (ich berichtete), Bild (siehe dort unter Kommentare meine Verweise) und TON. JA, auch in Ton!
Besonders fleißig dabei: der Bayerische Rundfunk! Das mag nun an der Nähe zu Österreich liegen oder daran, dass man aus dem gleichen Volksstamm kommt oder eben daran, dass die Bayern den Thomas Bernhard als einen der Ihrigen ansehen. Immerhin ist er ja in Traunstein aufgewachsen und wäre beinahe in Passau auf der Handelsschule gelandet. Aber nur beinahe. Jedenfalls ist sein Jubeltag dem BR wohl Anlass genug gewesen, um auf ihn einen anderen BERNHARD anzusetzen, den Bernhard Setzwein, einen ebenfalls ganz herausragenden Schriftsteller, von dem ich schon viel gelesen habe [derzeit in meiner Lesearbeit "Das blaue Tagwerk" – sein literarisches Tagebuch mit Notaten aus den Jahren 1997 bis 2009]. Jedenfalls hat der lebendige Bernhard heute Morgen alle Frühaufsteher auf eine Reise mitgenommen, eine morgendliche Pilgerwallfahrt zu den Stätten des anderen – Gott-hab-ihn-seelig – Bernhard.
Und ich muss sagen, ich habe ganz neue Seiten entdeckt: Auf diesem einstündigen Kreuzweg sind wir an all den acht Stationen vorbei gekommen, die den jungen Thomas Bernhard einst in seiner bayerischen Kinder- und Jugendzeit geprägt haben. Diese Orte, Setzwein nennt sie denn auch bezeichnender Weise "Thomasbernhardorteaufsuchkrankheit", die manchen Zuhörer erst während des Zuhörens erfassen mag und anderen, wie mich, wie eine Art Kreuzigungsgang vorkam, weil der Weg, die besuchten Orte, die Bernhard Setzwein auswählte, eine Art Erklärung dafür liefern können, warum Thomas Bernhard als Erwachsener zu dem Menschen wurde, als der er offensichtlich von vielen wahrgenommen wurde "Misanthrop und Weltgrantler".
Dafür hat der lebendige Bernhard auch einige sehr eindrückliche Textbeispiele ausgewählt wie jenen: "Wie hasse ich diese mittelgroßen Städte mit ihren berühmten Baudenkmälern, von welchen sich ihre Bewohner lebenslänglich verunstalten lassen. [...] Salzburg, Augsburg, Regensburg, Würzburg, ich hasse sie alle, weil in ihnen jahrhundertelang der Stumpfsinn warmgestellt ist." (Thomas Bernhard)
Damit die Radiotour jedoch nicht zum Himmelfahrtskommando wird, stehen an manchen Stationen interessante Zeitzeugen, die einen zwar nicht mit einem Haferl Kaffee empfangen, nach dem es einen, also mich, bereits an der dritten Orts-Station gegen kurz vor halb Neun lechzte. Anstelle von Kaffee oder Tee haben sie interessante Geschichten aus dem Leben des kleinen [Schriftsteller-]Buben parat. Zum Beispiel sein alter Traunsteiner Schullehrer Willi Schwenkmeier, ein Thomasbernhardverfallener wie die Mitglieder des Kreises "Passauer Thomas Bernhard Freunde", eine Lesegesellschaft, die sich ganz dem Leben und Werk des österreichischen Schriftstellers verschrieben hat. Diese Bernhard-Freunde führen sogenannte "Volltextlesungen" in Passau und Umgebung durch. Sie lesen öffentlich Bernhard-Romane vom ersten bis zum letzten Satz, was drei oder vier Tage dauern kann, an denen jeweils unterschiedliche Leserinnen und Leser acht Stunden nonstop aus einem Werk vor-lesen. Das nächste Mal, übrigens, von Donnerstag, 10. März, bis Sonntag, 13. März 2011, aus Thomas Bernhards bekanntem Buch Frost. Ihr Motto entstammt, wie kann es anders sein, einem Thomas-Bernhard-Zitat: "Wir dürfen nicht nachlassen in unserer Intensität." (aus dem Thomas Bernhard Roman Korrektur, S.331)
Dieses Zitat und die überraschenden Eindrücke, die der andere BERNHARD über seinen (Nach)Namensvetter präsentierte, ließen mir die morgendliche Sankt Bernhard-Gedächtnisstunde im Nu verfliegen.
Eine hörenswerte Stunde zu den Wurzeln des literarischen Thomas Bernhard Kosmos, die Sie, liebe Blogleserinnen und -Leser, zu einer Ihnen angenehmeren Zeit nachträglich anhören können, da der Kultursender des BR, Bayern 2, Sie auch als kostenlosen podcast zum Herunterladen bereit hält unter http://www.br-online.de/podcast/mp3-download/bayern2/mp3-download-podcast-bayerisches-feuilleton.shtml
(Achtung podcast enthält etwa 49 MB)
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Teresa HzW - 12. Feb, 14:46 - Rubrik [Post]Moderne