Prekäre Verhältnisse

Im SPÜRBAR-Blog bin ich auf interessante Einträge zur Beschäftigungspolitik mancher Firmen gestoßen, die mich heute zu einem Arbeitsmarkt politischen Eintrag inspirieren. Noch dazu weil auf Maluceanes Vollzeitstelle (Vorgeschichte siehe >>> dort) eine Teilzeitbeschäftigte mit 75% nachfolgt. Absurd! Warum auch eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte einstellen, wenn eine Teilzeitbeschäftigte bereit ist, den gleichen Arbeitsanfall für weniger Geld in weniger Zeit zu erledigen.

Währenddessen predigen Politiker landauf, landab weiter die Mär vom wirtschaftlichen Aufschwung und dem "Jahrzehnt der Arbeitnehmer". Irgendwie glauben wir, Bürgerinnen und Bürger, das nicht mehr so recht. Zumindest lassen sich nicht alle von uns für dumm verkaufen! Ich meine mich zu erinnern, dass uns in den letzten zwanzig Jahren (also gleich unter welchem regierenden Farbenspiel!) diese wundersamen Aufschwungfiktionen wenigstens dreimal einfiltriert worden waren: 1990, 1999, 2006 und jetzt! Die Statistik spricht zu Arbeitsmarkt und Beschäftigungsverhältnissen eine andere [Fakten]Sprache:
Zwischen 1992 und 2009 wurden in Ostdeutschland 1,5 Millionen sozialversicherungspflichtige Vollzeitarbeitsplätze abgebaut; d.h. es gibt dort heute ein gutes Viertel weniger Arbeitsplätze wie noch zu Beginn der 1990iger Jahre. In Westdeutschland ging im gleichen Zeitraum jede zehnte Vollzeitstelle verloren.
Zeitgleich gibt es einen Trend weg von der Vollzeit- hin zur Teilzeitbeschäftigung.
Ist es da Zufall, dass die Gehälter sinken!?
Von 100 Euro Bruttolohn landen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben laut den Statistikern etwa 64 Euro bei den Menschen. Wenn man bedenkt, dass ein Friseur gerade mal durchschnittlich 15.787 Euro Brutto-Jahresgehalt hat und meist Frauen Teilzeit – auch in diesem Beruf - arbeiten, kann es einem ganz anders werden.
Neben den Friseuren haben den niedrigsten Verdienst Wäscher und Plätter mit 20.629 Euro, Glasreiniger und Gebäudereiniger mit 21.414 Euro, Raumpfleger mit 21.779 Euro, sogenannte hauswirtschaftliche Betreuer mit 21.951 Euro sowie Fleisch- und Wursthersteller mit 23.333 Euro.
Zwischenzeitlich gilt Deutschland bei diesen [bereits bezeichnet als Prekär]Berufen als Billiglohnland der EU [Berufe-Übersicht mit weniger als 6 Euro Stundenlohn >>> hier]. Unvorstellbar!
3543 mal gelesen
Sabbl (Gast) - 23. Jan, 19:18

Was für ein Zufall, wenn diese Boomjahre zeitgleich Wahljahre gewesen waren?

Teresa HzW - 25. Jan, 11:10

1990 war ein Bundestagswahljahr die anderen Jahre nicht, werte(r) Sabbl. Also haut das mit Ihrer Vermutung nicht ganz hin ;-)
hans1962 - 23. Jan, 22:09

Sie sagen es,

liebe Teresa: Es ist unvorstellbar.

Unvorstellbar auch, ja skandalös, dass ALG IIHartz IV-Bezieher mit weniger als 6 Euro pro Tag für das physische Überleben auskommen müssen.

Weil es so unvorstellbar ist, trifft es kaum jemanden in der Magengrube, der nicht selbst davon betroffen ist. Was aber trifft, ist die Angst vor dem Verlust des eigenen Status Quo. Meiner Vermutung nach finden schon seit längerer Zeit (Jahrtausendwende?) keine Neiddebatten mehr statt, sondern Angstbeissereien.

Manchmal bin ich versucht, mir das gesellschaftliche Verhalten in dieser allgemein angespannten Erwerbssituation als kollektives "Wassertreten" vorzustellen. Wenn ich auch nur kurzzeitig jemanden unter meine Füße bekomme, verhilft mir das zu einigen Momenten Verschnaufpause. Doch gleich bin ich selbst wieder unter Wasser...

Teresa HzW - 25. Jan, 11:18

Wassertreten

Lieber Hans,
Ihr Bild vom "Wassertreten" trifft es auf den Nagel!
Jedoch… ich sehe beides:
Auf der einen Seite "Angstbeissereien", v.a. beim sog. "Mittelstand", wenn wir ihn als normal bis gut verdienenden Bürger definieren. Früher [noch vor fünfzehn Jahren] hätten wir gesagt "Otto-Normalo". Dieser hat heute einfach nur Angst vor dem sozialen Abstieg, W E I L es eben kein [wirklich] soziales Auffangnetz in D mehr gibt. Jeder Deutsche weiß zwischenzeitlich: Einmal H.IV immer H.IV …. "uuuupsss"… Nanu, so was!? Diese Ähnlichkeit zwischen der HIV-Krankheit und Hartz IV, wenn man letzteres abkürzt :-o

Auf der anderen Seite die "Neiddebatten". Sie laufen durchaus noch öffentlich (siehe vor kurzem großer Aufmacher im STERN über "Beamte"), kommen aber mmer mehr einer Hetzerei gleich. Öffentliches Hetzen, angezettelt von Medienvertretern, gegen jene, die vielleicht noch zehn Euro mehr in der Tasche haben könnten.

Ferner: Viele "Neiddebatten" werden von Deutschbürgern mittlerweile sehr subversiv "geführt": Wer Geld hat, zeigt es in Deutschland öffentlich nicht mehr [Ergebnis der früheren Medienhetze gegen die sog. Reichen]. Wer Geld hat, zeigt es heute anders, d.h. der sog. Besser-Verdienende, Neureiche rsp. Altreiche kauft oder mietet sich ein, wenn er noch nicht ausgewandert ist: in gut situierte Stadtviertel oder Villengegenden; fliegt ins Fünf-Sterne-Ressort für Erwachsene (wo Kinderverbot) und/oder verbringt gleich seine Sams- und Sonn[en]tage im Wochenend-Chalet auf der anderen Seite des Bodensees. Zuhause gibt sich dieser Bürger brav, bescheiden, "schaffig" – zumindest vor der eigenen Haustür; das was er hat, zeigt er durchaus , GERNE, jedoch woanders: unter Seinesgleichen! Dort wird untereinander durchaus aufgetrumpft, wird auf Bildern stolz der eigene Fuhrpark der Edelkarossen herum gezeigt. Oder zur Oldtimerparty an die Cote d`Azur geladen. So schaut`s aus, lieber Hans…
Na, dann, mal wieder auf zum "Wassertreten". Ach, da fällt mir ein, ich muss heut` noch meinen "Lotto abgeben" ;-)
Teresa HzW - 25. Jan, 13:57

Was ich hier andeutete, sowohl in meinem Eintrag als auch "im Dialog" mit Hans1962, es läßt sich nicht stärker, gegensätzlicher und treffender ausdrücken als FRAGMENTE es in ihrem Blog getan hat... das "Wassertreten" genauso wie die "Angst vor dem weiteren Abstieg"... ein Text, der einen in Mark und Bein geht, hier nachzulesen http://fragmente.twoday.net/stories/11585934/

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