Altweibersommer-Rätsel3
Nach zwei erfolgreichen Rätseltagen geht es heute bei 26 Grad Celsius [jedenfalls hier zur Mittagszeit in der Region Stuttgart] und leicht diesigem Himmel in die dritte Runde und ich hoffe doch, Sie sind alle wieder dabei ;-)
Die gesuchte Persönlichkeit des heutigen literarischen Rätsel-Tages gilt als "Avantgardist und Provokateur".
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie jener, der nicht nur schriftstellerte, in den 1970er Jahren für Furore sorgte. Insbesondere das sogenannte bürgerliche Establishment versetzte er in aufgeregte Wallung. So sehr, dass sogar einzelne Werke von ihm kurzzeitlich auf den Index kamen und in Österreich sogar verboten wurden.
Er war und ist immer ein unbequemer Mensch und Künstler [gewesen – in Klammern gesetzt, weil er glücklicherweise noch lebt]. Damit vollziehe ich den Sprung in die deutschsprachige Literatur der Gegenwart. Gezwungener Maßen, liebe Rätselfreund[inn]e[n]. Was mir nicht so schmeckt. Das gebe ich unumwunden zu, weil es ist immer ein kleines Risiko, sich in einem Blog mit lebenden Personen der Zeitgeschichte auseinander zu setzen. Mit den Toten ist das leichter.
Doch es ist der Fluch der Technik, der mich zu diesem Schritt veranlasst, sonst mache ich es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, vor allem den sehr geschätzten Rätselfreund[inn]en zu leicht. Vielleicht stimmen Sie mir zu, wenn ich sage: "Meine literarischen Rätsel dürfen zu keiner reinen Computerfingerübung und einem "Googlen"-Wettbewerb verkommen."
Nicht wahr… ;-)
Insofern bin ich heute Morgen eine Stunde früher aufgestanden und habe in meinen Bücherregalen gekruschtelt, vor allem dort, wo die einen Bücher schon wieder andere verdecken, weil ich gar keinen Platz mehr in meiner Bibliothek für neue Werke habe. Einige sehr wertvolle - und ich gestehe es - lange nicht mehr gelesene Schätze deutscher Gegenwartsautoren fielen mir dabei in die Hände.
Besonders einer, der heute Gesuchte, hat es mir gleich angetan. Er schrieb damals aus, was wir "Jungen" in den 1970ern dachten, wofür wir uns engagierten, jedenfalls jene, die damals den Mut hatten, sich gegen das Establishment zu "erheben", sich für bessere Lebensbedingungen einzusetzen und diese öffentlich einzufordern.
Außerdem ist er, der heute Gesuchte, wie ich, aus der Waldheimat. Auch wenn er sie lange [wie ich auch] verlassen hat und mittlerweile in der bayerischen Landeshauptstadt lebt.
Das verbindet ihn vielleicht mit dem Julius Kreis [aber das ist auch das einzigste!], um den es gestern in meinem Altweibersommer-Rätsel2 ging. Auch er hat[te]einen besonderen Bezug zum größten Volksfest der Welt: Er arbeitete dort einmal als Zigarettenverkäufer. Das ist aber ganz, ganz lange her.
Er ist auch nicht nur schriftstellernd, sondern auch als Maler und im "Filmbusiness" tätig. Hie wie da sorgte er [früher] für Furore und provozierte. Es gibt ein filmisches Werk von ihm, dessen Aufführung damals in mehreren deutschen Städten beschlagnahmt, in Österreich sogar verboten wurde.
Mit den Tabubrüchen, die er beging, und seinen wüsten Gewaltphantasien wird er von manchen als "der erste literarische Amokläufer" bezeichnet. Er wandte sich bereits zu Beginn der 1970er Jahre gegen das, was erst zwanzig Jahre später, in den 1990ern als "unsere Spaßgesellschaft" bezeichnet wird. Beim Schaffen von Kunstwerken – gleich ob in Bild, Ton oder Schrift – sucht er den "klaren Schmerz". Der Akt der Zerstörung ist für ihn ein Akt des Überlebens: "Überhaupt noch ein Leben zu haben in der Glücksfabrik Bundesrepublik". So findet er den Schmerz und das Leben überall dort, wo ihn ähnliches wie im nachfolgenden Textausschnitt "anweht":
Ich lag auf der Kautsch und sah düster zum Fenster hinaus. Ich hörte den Lärm der Technik herein und spürte, wie stark ich mit jedem Atemzug sein mußte, mich nicht zu Grunde richten zu lassen. Ich wartete auf die Finanzierungszusagen für meinen Film. Bei abschlägigen Bescheiden wollte ich in den Redaktionen und Büros bleiben, bis mich die Polizei hinaustrüge. Man würde schon merken, dass hier einer was will und um seine Chance kämpft. Ich dachte wieder und wieder in den Bildern des Films und spürte, wie ich mit Energie aufgeladen wurde, und wenn ich keine Möglichkeit, sie auf die gewünschte Art, im Film, abzuarbeiten, bekam, würde ich gewalttätig werden. (…)
Hinter uns war das Feuerwehrhaus, in der Dachrinne wuchs eine Birke. Wir lehnten an dem oberen Geländer, von hier aus sah man mehr. Das obere Geländer war meistens ramponiert, die Amis fuhren am meisten hin. Unten war die Kegelbahn, man ging an einem ramponierten Kastanienbaum vorbei hinein. Die Kegelbahn war dem Bach entlang. Im Bach lag jeder mögliche Dreck. Im Feuerwehrhaus waren die Gemeindewohnungen, früher hieß es das Armenhaus. Bei Hochwasser warfen die Armen das Kruzifix in den Bach. Auf der Brücke kam uns wenigstens unser Leben so sinnlos vor, als sollten wir Wolken einfärben, die während der Arbeit unter den Händen vergehen. Aber pflichttreu, wie wir erzogen waren, vertrauten wir auch hier darauf, daß es zu keiner Katastrofe kommt. Als wieder einer mit seinem Motorrad zwei Millimeter vor unseren Zehen hielt, wettete ich, dass ich mit seiner Maschine innerhalb einer Stunde 200 Mark von Straubing hole. In Straubing trat ich in einen Tabakladen, wo es auch Spirituosen gab und wollte mir um meine zwei Mark eine Flasche Wein kaufen, mir Mut anzutrinken, da die Inhaberin gerade einen Geldbeutel in die Handtasche tat. Sie kehrte mir den Rücken zu, dachte ich mir: Gehst hinter die Theke und hältst ihr den Mund zu. Sie wollte mir Herr werden und lief schon der Tür zu, da ich ihr nachbin und sie am Hals gehalten habe. Ich habe sie gewürgt, bis sie leblos zu Boden ging. Weil ich ihr Gesicht nicht mehr anschauen konnte, legte ich einen großen Aschenbecher drauf. Ich packte das Geld und hatte 360 Mark. Sie muß dann nicht mehr zu sich gekommen sein. Ich würgte sie mit beiden Händen, weil ich mir dachte: Wenn sie davonkommt, komme ich auf. So kam ich nicht auf. Ich war ziemlich klar im Kopf, als ich 160 Mark zurückbehielt. Ich schob diesen Rest abzüglich 100 Mark der lieben Frau zu, damit sie mich nicht verriet. Christ bleiben, aber für keine menschliche Ordnung kämpfen, war meine Devise.
Rätselfrage
Wie heißt die gesuchte Person?
Natürlich habe ich noch ein besonderes Schmankerl aus seinem filmischen Werk im Köcher, falls Sie nicht so schnell drauf kommen, aber jetzt versuchen Sie mal erst Ihr Glück… mit Raten… oder doch Googlen!?
2005 mal gelesen
Die gesuchte Persönlichkeit des heutigen literarischen Rätsel-Tages gilt als "Avantgardist und Provokateur".
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie jener, der nicht nur schriftstellerte, in den 1970er Jahren für Furore sorgte. Insbesondere das sogenannte bürgerliche Establishment versetzte er in aufgeregte Wallung. So sehr, dass sogar einzelne Werke von ihm kurzzeitlich auf den Index kamen und in Österreich sogar verboten wurden.
Er war und ist immer ein unbequemer Mensch und Künstler [gewesen – in Klammern gesetzt, weil er glücklicherweise noch lebt]. Damit vollziehe ich den Sprung in die deutschsprachige Literatur der Gegenwart. Gezwungener Maßen, liebe Rätselfreund[inn]e[n]. Was mir nicht so schmeckt. Das gebe ich unumwunden zu, weil es ist immer ein kleines Risiko, sich in einem Blog mit lebenden Personen der Zeitgeschichte auseinander zu setzen. Mit den Toten ist das leichter.
Doch es ist der Fluch der Technik, der mich zu diesem Schritt veranlasst, sonst mache ich es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, vor allem den sehr geschätzten Rätselfreund[inn]en zu leicht. Vielleicht stimmen Sie mir zu, wenn ich sage: "Meine literarischen Rätsel dürfen zu keiner reinen Computerfingerübung und einem "Googlen"-Wettbewerb verkommen."
Nicht wahr… ;-)
Insofern bin ich heute Morgen eine Stunde früher aufgestanden und habe in meinen Bücherregalen gekruschtelt, vor allem dort, wo die einen Bücher schon wieder andere verdecken, weil ich gar keinen Platz mehr in meiner Bibliothek für neue Werke habe. Einige sehr wertvolle - und ich gestehe es - lange nicht mehr gelesene Schätze deutscher Gegenwartsautoren fielen mir dabei in die Hände.
Besonders einer, der heute Gesuchte, hat es mir gleich angetan. Er schrieb damals aus, was wir "Jungen" in den 1970ern dachten, wofür wir uns engagierten, jedenfalls jene, die damals den Mut hatten, sich gegen das Establishment zu "erheben", sich für bessere Lebensbedingungen einzusetzen und diese öffentlich einzufordern.
Außerdem ist er, der heute Gesuchte, wie ich, aus der Waldheimat. Auch wenn er sie lange [wie ich auch] verlassen hat und mittlerweile in der bayerischen Landeshauptstadt lebt.
Das verbindet ihn vielleicht mit dem Julius Kreis [aber das ist auch das einzigste!], um den es gestern in meinem Altweibersommer-Rätsel2 ging. Auch er hat[te]einen besonderen Bezug zum größten Volksfest der Welt: Er arbeitete dort einmal als Zigarettenverkäufer. Das ist aber ganz, ganz lange her.
Er ist auch nicht nur schriftstellernd, sondern auch als Maler und im "Filmbusiness" tätig. Hie wie da sorgte er [früher] für Furore und provozierte. Es gibt ein filmisches Werk von ihm, dessen Aufführung damals in mehreren deutschen Städten beschlagnahmt, in Österreich sogar verboten wurde.
Mit den Tabubrüchen, die er beging, und seinen wüsten Gewaltphantasien wird er von manchen als "der erste literarische Amokläufer" bezeichnet. Er wandte sich bereits zu Beginn der 1970er Jahre gegen das, was erst zwanzig Jahre später, in den 1990ern als "unsere Spaßgesellschaft" bezeichnet wird. Beim Schaffen von Kunstwerken – gleich ob in Bild, Ton oder Schrift – sucht er den "klaren Schmerz". Der Akt der Zerstörung ist für ihn ein Akt des Überlebens: "Überhaupt noch ein Leben zu haben in der Glücksfabrik Bundesrepublik". So findet er den Schmerz und das Leben überall dort, wo ihn ähnliches wie im nachfolgenden Textausschnitt "anweht":
Ich lag auf der Kautsch und sah düster zum Fenster hinaus. Ich hörte den Lärm der Technik herein und spürte, wie stark ich mit jedem Atemzug sein mußte, mich nicht zu Grunde richten zu lassen. Ich wartete auf die Finanzierungszusagen für meinen Film. Bei abschlägigen Bescheiden wollte ich in den Redaktionen und Büros bleiben, bis mich die Polizei hinaustrüge. Man würde schon merken, dass hier einer was will und um seine Chance kämpft. Ich dachte wieder und wieder in den Bildern des Films und spürte, wie ich mit Energie aufgeladen wurde, und wenn ich keine Möglichkeit, sie auf die gewünschte Art, im Film, abzuarbeiten, bekam, würde ich gewalttätig werden. (…)
Hinter uns war das Feuerwehrhaus, in der Dachrinne wuchs eine Birke. Wir lehnten an dem oberen Geländer, von hier aus sah man mehr. Das obere Geländer war meistens ramponiert, die Amis fuhren am meisten hin. Unten war die Kegelbahn, man ging an einem ramponierten Kastanienbaum vorbei hinein. Die Kegelbahn war dem Bach entlang. Im Bach lag jeder mögliche Dreck. Im Feuerwehrhaus waren die Gemeindewohnungen, früher hieß es das Armenhaus. Bei Hochwasser warfen die Armen das Kruzifix in den Bach. Auf der Brücke kam uns wenigstens unser Leben so sinnlos vor, als sollten wir Wolken einfärben, die während der Arbeit unter den Händen vergehen. Aber pflichttreu, wie wir erzogen waren, vertrauten wir auch hier darauf, daß es zu keiner Katastrofe kommt. Als wieder einer mit seinem Motorrad zwei Millimeter vor unseren Zehen hielt, wettete ich, dass ich mit seiner Maschine innerhalb einer Stunde 200 Mark von Straubing hole. In Straubing trat ich in einen Tabakladen, wo es auch Spirituosen gab und wollte mir um meine zwei Mark eine Flasche Wein kaufen, mir Mut anzutrinken, da die Inhaberin gerade einen Geldbeutel in die Handtasche tat. Sie kehrte mir den Rücken zu, dachte ich mir: Gehst hinter die Theke und hältst ihr den Mund zu. Sie wollte mir Herr werden und lief schon der Tür zu, da ich ihr nachbin und sie am Hals gehalten habe. Ich habe sie gewürgt, bis sie leblos zu Boden ging. Weil ich ihr Gesicht nicht mehr anschauen konnte, legte ich einen großen Aschenbecher drauf. Ich packte das Geld und hatte 360 Mark. Sie muß dann nicht mehr zu sich gekommen sein. Ich würgte sie mit beiden Händen, weil ich mir dachte: Wenn sie davonkommt, komme ich auf. So kam ich nicht auf. Ich war ziemlich klar im Kopf, als ich 160 Mark zurückbehielt. Ich schob diesen Rest abzüglich 100 Mark der lieben Frau zu, damit sie mich nicht verriet. Christ bleiben, aber für keine menschliche Ordnung kämpfen, war meine Devise.
Rätselfrage
Wie heißt die gesuchte Person?
Natürlich habe ich noch ein besonderes Schmankerl aus seinem filmischen Werk im Köcher, falls Sie nicht so schnell drauf kommen, aber jetzt versuchen Sie mal erst Ihr Glück… mit Raten… oder doch Googlen!?
Teresa HzW - 28. Sep, 14:26 - Rubrik Wiederworte
Film-Schmankerl