Ich wage kaum,
Ihre Kommentare wiederum zu kommentieren, liebe Melusine und lieber Bücherblogger, denn diese sind so W-U-N-D-E-R-B-A-R!
Ich möchte sie am liebsten, unkommentiert, so stehen haben,
dennoch - folgende Sätze haben es mir besonders angetan:
"Frauen, weiblich, nicht bedeutend, sondern seiend.
Der Zauber des Männlichen wirkt... auch umgekehrt.
Ohne Reibung, Streit und Leben, keine Anziehung, in einem übergeordnet menschlichen Sinne sind wir allerdings alle androgyn."
Verzeihen Sie mir, Beide, meinen [post]modernen Eingriff, und die neue Reihung Ihrer bemerkenswerten Sätze.
Lieber Bücherblogger, Danke für Ihre Antwort. Die gut getan hat. Weil Sie zeigt, dass Sie verstehen, was ich meine. (Und das Buch werde ich einmal lesen. Nur: aus den Stapeln, die hier liegen, ungelesen, kreischt´s: Ich zuerst. Ich warte schon länger:)
Nichts wollen Sie weniger sein als ein Neutrum. Genau. So geht es mir auch. Jedoch: "in einem übergeordneten menschlichen Sinne", Teresa zitiert es, - ich finde diesen Sinn nicht. Ich habe, sagt man, einen "knabenhaften" Körper. Aber ich sehe und fühle die Spuren der Geburten. Ich suche den menschlichen Sinn bei Platon - und finde im "Eros": den Mann (zwei Glieder hat der Kugelmensch, die Erde zu besamen). Oder anderswo: Effi Briest. Lässt Fontane dahinsterben. Sie könnte auch leben (wie ihr "Vor-Bild"). Verstehen Sie: Es geht mir nicht darum anzuklagen. Männer schreiben aus ihrer Perspektive, aus welcher denn sonst? Nur muss ich - und ich lernte es (zu) spät - vorsichtiger sein: Darf mir nicht bruchlos aneignen und mich identifizieren mit dem, von dem ich nicht ausgehen kann, wenn ich von mir ausgehen will. Jane Austen (in "Persuasion": "Yes, yes, if you please, no reference to examples in books. Men have had every advantage of us in telling their own story. ... the pen has been in their hands. I will not allow books to prove anything."
"Die Männer genießen vor uns den großen Vorteil, ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Ihre Erziehung ist soviel umfassender als die unsere, und die Hand des Mannes führte seit Urzeiten die Feder. Ich gebe nicht zu, dass die Dichter als Beweis herangezogen werden."
Anne Elliot unterhält sich mit Captain Harville darüber, ob Männer oder Frauen empfindsamer in ihren Gefühlen sind. Eine schöne antiquarische deutsche Ausgabe von 1948 liegt mit aquarellhaftem farbigem Umschlag neben mir, gelesen habe ich sie allerdings noch nicht. Sie zitieren gleich aus der englischen Ausgabe, hui. Ich werde den Umschlag mal in meinem Blog ausstellen, er ist so altmodisch romantisch und so kann man auf Romane hinweisen, ohne sie gelesen zu haben, diese Männer...
Sie haben recht, die Literatur muss im Zusammenhang mit der Bildung gesehen werden und da hatten die Männer Jahrhunderte die Nase vorn, ungerechterweise versteht sich. Insofern bildet Literatur diesen Missstand (drei S ?, solange es keine 21 sind) ab. "Bruchlos aneignen" darf man sich gar nichts, auch da d´accord. Die Platonschen Kugelmenschen aber hatten ja nicht nur zwei Glieder, sie hatten alles doppelt, waren das dritte Geschlecht und sollten eine nicht vorhandene Vollständigkeit der Geschlechter symbolisieren. Es ist alles eine Frage von Körper und Geist, aus dieser Mühle kommt man nicht heraus. Eros im Platonischen Sinne meinte ja geistige Vereinigung und wenn das geschieht, ist es doch völlig egal wer wem was hineinsteckt oder auch draußen lässt. Der Körper fordert sein recht und ohne den Geist ist er auch im Bett nur ein armer Knecht. Das Frauenbild hat sich ja gottseidank seit Effi und Anne geändert, allerdings überzieht das Patriarchat immer noch fast die ganze Welt, obwohl man es sich in den reicheren Industriestaaten leisten kann, den Frauen ein Gefühl der Gleichberechtigung zu geben. Was die Kirche oder die Chefetagen angeht ist dies allerdings noch lange nicht erreicht. Ich selbst möchte weder in einem Patriarchat noch in einem Matriarchat leben, die Erde ist für Männer und Frauen gleichermassen rund. Hat Platon schon geahnt, ohne es zu wissen. Wir sind doch alle nur am Nachthimmel verglühende Sterne.
Spätestens ab der zweiten Hälfte des 19. Jhdt. wurden sie dann doch geboren, lieber Bücherblogger, liebe Melusine, DIE Frauen, die - nicht nur - für die literarischen Entwicklungen w i c h t i g wurden.
E I N E davon, in den USA geboren: Gertrude Stein(1874-1946), eine amerikanische Schriftstellerin, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Paris übersiedelte und dort gemeinsam mit ihrem Bruder, später mit ihrer Lebensgefährtin, einen literarischen Kunst-Salon führte. Sie war eine der Wegbereiterinnen der [Post]Moderne. Ihre Sprachexperimente werden als Vorläufer des Dadaismus gesehen. Die Bedeutung von Stein`s Prosa wurde zum Teil jedoch erst lange nach ihrem Tod, in “unserer“ jüngeren Vergangenheit, also in den 1970er und 1980er Jahren, erkannt. Von ihr haben bedeutende amerikanische Schriftsteller wie Ernest Hemingway gelernt. Dabei ging es ihr weniger um die Provokation eines bornierten Publikums als um die Befreiung der Sprache von der Dominanz ihrer semantischen Bestimmung. Sie setzte sich in ihren Texten über jegliche sprachliche und literarische Konventionen hinweg. Von ihr geprägt entwickelte beispielsweise Hemingway seinen „lakonisch-präzisen Stil von äußerster sprachlicher Ökonomie und emotionaler Unterkühltheit“.
Eine A N D E R E - nicht zu vergessen: die berühmte Virginia Woolf (1882-1941), eine Zeitgenossin von Stein, die von der britischen Insel aus zur gleichen Zeit der (später) klassischen Moderne den Weg bereitete.
Zu einer weiteren wichtigen Schriftstellerin und Philosophin, ohne die – meiner Meinung nach – die heutigen Schreibweisen der weiblichen Postmodernistinnen nicht gedacht werden können, lege ich einen eigenen Kommentar an: Simone de Beauvoir.
Eine weitere großartige Schriftstellerin ist für mich Simone de Beauvoir (1908-1986). Sie ist nicht nur für die Literatur von Bedeutung! Ihr 1949 erschienenes Buch "Das andere Geschlecht" war ein Meilenstein der feministischen Literatur. Damit trat sie (und die Frauenbewegung) ihren Siegeszug rund um die Welt an. Es machte sie zur bekanntesten Intellektuellen Frankreichs.
Für ihren Schlüsselroman „Die Mandarins von Paris (erschienen 1954)“ erhielt sie, die heute noch in Frankreich höchste literarische Auszeichnung, den „Prix Goncourt“. In dem Roman porträtiert sie exzellent die intellektuelle Elite im Frankreich der vierten Republik.
Mir gefällt ihr autobiografisches Buch „In den besten Jahren“ sehr gut. Im Mittelpunkt des Buches steht zwar ihre Beziehung zu Jean-Paul Sartre, die jedoch nicht losgelöst von ihrem Willen, Schriftstellerin zu werden, gesehen werden kann. Geschildert wird ihr Weg, der mit vielen Rückschlägen und Hürden gepflastert war. Eine wunderbare Textstelle steht auf S. 279, als ihr Manuskript "La Primauté du spirituel" abgelehnt wird (weil der Mann, der es zu lesen und zu beurteilen hatte, Grasset, es nicht verstand und ihr vorwarf, das „Sittenbild, das sie zeichne, sei in den letzten zwanzig Jahren bereits mehrmals skizziert“ worden.).
Sie schreibt dazu in ihr Tagebuch: „Ich war überrascht. Ich hatte kein Sittenbild zeichnen wollen; ich glaubte, differenzierte psychologische Untersuchungen angestellt zu haben. Der (Anmerkung: Grasset`s) Vorwurf des „Mangels an Originalität“ verwirrte mich; die Heldinnen, die ich schilderte, existierten wirklich, niemand hatte vor mir von ihnen gesprochen; jede war einzig, einmalig."
Das gleiche Staunen erregte sie später bei Anfängerinnen, die sie um Beurteilung eines Manuskripts baten und ebenfalls glaubten, eine „originelle“ Erfahrung ausgedrückt zu haben, während die Beauvoir in deren Manuskripten nur Banalitäten fand.
Sie meint dazu: "Die landläufigsten Wahrheiten können jedoch unter der Feder eines Schriftstellers neue Aspekte enthüllen. Darin liegt das Problem des Umsetzens von Leben in das geschriebene Wort, das Problem der Literatur als Kunst überhaupt."
Selbstkritisch blickt sie auf die Ablehnung Grassets zurück, wenn sie dann an gleicher Stelle in ihrem Buch weiter schreibt: „Wenn man mich mißverstanden hat, sagte ich mir, so deshalb, weil ich mich nicht richtig verständlich gemacht habe.“ Die Beauvoir nahm sich daraufhin vor, das Manuskript zu begraben und „das nächste Mal ins Schwarze zu treffen“.
Wenn ich so überlege, sind die Kreise, die unser Gedankenaustausch, ausgehend von Kapitel 21 in Rayuela, hier zur Bedeutung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zieht, schon gewaltig... über Plato... zu Simone de Beauvoir... und danach?
beinahe wäre mir ein heftiger Fehler unterlaufen…. Ich habe es rechtzeitig -eben- gemerkt und korrigierte mich… einer/m aufmerksamen Leser/in, die/der sich zur Zeit der Korrektur hier lesender weise aufhielt, ist es sicher nicht entgangen: Ich betitelte zuerst meine beiden letzten Kommentare mit „Bedeutende Frauen in der Literatur“…. Und eben, als ich nochmals über den Bogen, den die Diskussion hier schlägt, nachgedacht habe, fiel mir eines auf: Es sind nicht bedeutende, sondern W I C H T I G E Frauen und zwar F Ü R die Literatur. (zumal ich das Wort „bedeutend“ auch nicht mag) Schnell habe ich das hier gerade gerückt ;-) und entsprechend umgetitelt.
Dies bringt mich zu einem der Schlüsselsätze von Ihnen, liebe Melusine, zurück…. Die Beauvoir, die Woolf, die Stein... D A S sind für mich alles "Seiende" Frauen...
Sie S I N D , (und damit auch WICHTIG), weil sie essentielle Veränderungen mit eingeleitet oder voran getrieben haben, sich von Rückschlägen nicht klein kriegen ließen.
Sie S I N D , WEIL sie einfach w a r e n - wie sie (zu ihrer Zeit gewesen) s i n d und auf die ihnen eigene Weise S P U R E N hinterlassen haben….
Und wir alle hinterlassen doch, wenn man es recht überlegt, diese Spuren, jede/r auf ihre/seine Weise.
...und umgekehrt...JA auch, dabei hinterlassen auch andere ihre Spuren an uns... und das ist manchmal schmerzlich!
Herzlich
Teresa
Wi[e]der[W]orte [2]
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Weiblich-Männlich-Androgyn
Ihre Kommentare wiederum zu kommentieren, liebe Melusine und lieber Bücherblogger, denn diese sind so W-U-N-D-E-R-B-A-R!
Ich möchte sie am liebsten, unkommentiert, so stehen haben,
dennoch - folgende Sätze haben es mir besonders angetan:
"Frauen, weiblich, nicht bedeutend, sondern seiend.
Der Zauber des Männlichen wirkt... auch umgekehrt.
Ohne Reibung, Streit und Leben, keine Anziehung, in einem übergeordnet menschlichen Sinne sind wir allerdings alle androgyn."
Verzeihen Sie mir, Beide, meinen [post]modernen Eingriff, und die neue Reihung Ihrer bemerkenswerten Sätze.
Androgyn
Nichts wollen Sie weniger sein als ein Neutrum. Genau. So geht es mir auch. Jedoch: "in einem übergeordneten menschlichen Sinne", Teresa zitiert es, - ich finde diesen Sinn nicht. Ich habe, sagt man, einen "knabenhaften" Körper. Aber ich sehe und fühle die Spuren der Geburten. Ich suche den menschlichen Sinn bei Platon - und finde im "Eros": den Mann (zwei Glieder hat der Kugelmensch, die Erde zu besamen). Oder anderswo: Effi Briest. Lässt Fontane dahinsterben. Sie könnte auch leben (wie ihr "Vor-Bild"). Verstehen Sie: Es geht mir nicht darum anzuklagen. Männer schreiben aus ihrer Perspektive, aus welcher denn sonst? Nur muss ich - und ich lernte es (zu) spät - vorsichtiger sein: Darf mir nicht bruchlos aneignen und mich identifizieren mit dem, von dem ich nicht ausgehen kann, wenn ich von mir ausgehen will. Jane Austen (in "Persuasion": "Yes, yes, if you please, no reference to examples in books. Men have had every advantage of us in telling their own story. ... the pen has been in their hands. I will not allow books to prove anything."
Der Mensch, ein Kugelwesen
Anne Elliot unterhält sich mit Captain Harville darüber, ob Männer oder Frauen empfindsamer in ihren Gefühlen sind. Eine schöne antiquarische deutsche Ausgabe von 1948 liegt mit aquarellhaftem farbigem Umschlag neben mir, gelesen habe ich sie allerdings noch nicht. Sie zitieren gleich aus der englischen Ausgabe, hui. Ich werde den Umschlag mal in meinem Blog ausstellen, er ist so altmodisch romantisch und so kann man auf Romane hinweisen, ohne sie gelesen zu haben, diese Männer...
Sie haben recht, die Literatur muss im Zusammenhang mit der Bildung gesehen werden und da hatten die Männer Jahrhunderte die Nase vorn, ungerechterweise versteht sich. Insofern bildet Literatur diesen Missstand (drei S ?, solange es keine 21 sind) ab. "Bruchlos aneignen" darf man sich gar nichts, auch da d´accord. Die Platonschen Kugelmenschen aber hatten ja nicht nur zwei Glieder, sie hatten alles doppelt, waren das dritte Geschlecht und sollten eine nicht vorhandene Vollständigkeit der Geschlechter symbolisieren. Es ist alles eine Frage von Körper und Geist, aus dieser Mühle kommt man nicht heraus. Eros im Platonischen Sinne meinte ja geistige Vereinigung und wenn das geschieht, ist es doch völlig egal wer wem was hineinsteckt oder auch draußen lässt. Der Körper fordert sein recht und ohne den Geist ist er auch im Bett nur ein armer Knecht. Das Frauenbild hat sich ja gottseidank seit Effi und Anne geändert, allerdings überzieht das Patriarchat immer noch fast die ganze Welt, obwohl man es sich in den reicheren Industriestaaten leisten kann, den Frauen ein Gefühl der Gleichberechtigung zu geben. Was die Kirche oder die Chefetagen angeht ist dies allerdings noch lange nicht erreicht. Ich selbst möchte weder in einem Patriarchat noch in einem Matriarchat leben, die Erde ist für Männer und Frauen gleichermassen rund. Hat Platon schon geahnt, ohne es zu wissen. Wir sind doch alle nur am Nachthimmel verglühende Sterne.
Wichtige Frauen für die Literatur I
E I N E davon, in den USA geboren: Gertrude Stein(1874-1946), eine amerikanische Schriftstellerin, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Paris übersiedelte und dort gemeinsam mit ihrem Bruder, später mit ihrer Lebensgefährtin, einen literarischen Kunst-Salon führte. Sie war eine der Wegbereiterinnen der [Post]Moderne. Ihre Sprachexperimente werden als Vorläufer des Dadaismus gesehen. Die Bedeutung von Stein`s Prosa wurde zum Teil jedoch erst lange nach ihrem Tod, in “unserer“ jüngeren Vergangenheit, also in den 1970er und 1980er Jahren, erkannt. Von ihr haben bedeutende amerikanische Schriftsteller wie Ernest Hemingway gelernt. Dabei ging es ihr weniger um die Provokation eines bornierten Publikums als um die Befreiung der Sprache von der Dominanz ihrer semantischen Bestimmung. Sie setzte sich in ihren Texten über jegliche sprachliche und literarische Konventionen hinweg. Von ihr geprägt entwickelte beispielsweise Hemingway seinen „lakonisch-präzisen Stil von äußerster sprachlicher Ökonomie und emotionaler Unterkühltheit“.
Eine A N D E R E - nicht zu vergessen: die berühmte Virginia Woolf (1882-1941), eine Zeitgenossin von Stein, die von der britischen Insel aus zur gleichen Zeit der (später) klassischen Moderne den Weg bereitete.
Zu einer weiteren wichtigen Schriftstellerin und Philosophin, ohne die – meiner Meinung nach – die heutigen Schreibweisen der weiblichen Postmodernistinnen nicht gedacht werden können, lege ich einen eigenen Kommentar an: Simone de Beauvoir.
Wichtige Frauen für die Literatur II
Für ihren Schlüsselroman „Die Mandarins von Paris (erschienen 1954)“ erhielt sie, die heute noch in Frankreich höchste literarische Auszeichnung, den „Prix Goncourt“. In dem Roman porträtiert sie exzellent die intellektuelle Elite im Frankreich der vierten Republik.
Mir gefällt ihr autobiografisches Buch „In den besten Jahren“ sehr gut. Im Mittelpunkt des Buches steht zwar ihre Beziehung zu Jean-Paul Sartre, die jedoch nicht losgelöst von ihrem Willen, Schriftstellerin zu werden, gesehen werden kann. Geschildert wird ihr Weg, der mit vielen Rückschlägen und Hürden gepflastert war. Eine wunderbare Textstelle steht auf S. 279, als ihr Manuskript "La Primauté du spirituel" abgelehnt wird (weil der Mann, der es zu lesen und zu beurteilen hatte, Grasset, es nicht verstand und ihr vorwarf, das „Sittenbild, das sie zeichne, sei in den letzten zwanzig Jahren bereits mehrmals skizziert“ worden.).
Sie schreibt dazu in ihr Tagebuch: „Ich war überrascht. Ich hatte kein Sittenbild zeichnen wollen; ich glaubte, differenzierte psychologische Untersuchungen angestellt zu haben. Der (Anmerkung: Grasset`s) Vorwurf des „Mangels an Originalität“ verwirrte mich; die Heldinnen, die ich schilderte, existierten wirklich, niemand hatte vor mir von ihnen gesprochen; jede war einzig, einmalig."
Das gleiche Staunen erregte sie später bei Anfängerinnen, die sie um Beurteilung eines Manuskripts baten und ebenfalls glaubten, eine „originelle“ Erfahrung ausgedrückt zu haben, während die Beauvoir in deren Manuskripten nur Banalitäten fand.
Sie meint dazu: "Die landläufigsten Wahrheiten können jedoch unter der Feder eines Schriftstellers neue Aspekte enthüllen. Darin liegt das Problem des Umsetzens von Leben in das geschriebene Wort, das Problem der Literatur als Kunst überhaupt."
Selbstkritisch blickt sie auf die Ablehnung Grassets zurück, wenn sie dann an gleicher Stelle in ihrem Buch weiter schreibt: „Wenn man mich mißverstanden hat, sagte ich mir, so deshalb, weil ich mich nicht richtig verständlich gemacht habe.“ Die Beauvoir nahm sich daraufhin vor, das Manuskript zu begraben und „das nächste Mal ins Schwarze zu treffen“.
Wenn ich so überlege, sind die Kreise, die unser Gedankenaustausch, ausgehend von Kapitel 21 in Rayuela, hier zur Bedeutung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zieht, schon gewaltig... über Plato... zu Simone de Beauvoir... und danach?
...Spuren...
beinahe wäre mir ein heftiger Fehler unterlaufen…. Ich habe es rechtzeitig -eben- gemerkt und korrigierte mich… einer/m aufmerksamen Leser/in, die/der sich zur Zeit der Korrektur hier lesender weise aufhielt, ist es sicher nicht entgangen: Ich betitelte zuerst meine beiden letzten Kommentare mit „Bedeutende Frauen in der Literatur“…. Und eben, als ich nochmals über den Bogen, den die Diskussion hier schlägt, nachgedacht habe, fiel mir eines auf: Es sind nicht bedeutende, sondern W I C H T I G E Frauen und zwar F Ü R die Literatur. (zumal ich das Wort „bedeutend“ auch nicht mag) Schnell habe ich das hier gerade gerückt ;-) und entsprechend umgetitelt.
Dies bringt mich zu einem der Schlüsselsätze von Ihnen, liebe Melusine, zurück…. Die Beauvoir, die Woolf, die Stein... D A S sind für mich alles "Seiende" Frauen...
Sie S I N D , (und damit auch WICHTIG), weil sie essentielle Veränderungen mit eingeleitet oder voran getrieben haben, sich von Rückschlägen nicht klein kriegen ließen.
Sie S I N D , WEIL sie einfach w a r e n - wie sie (zu ihrer Zeit gewesen) s i n d und auf die ihnen eigene Weise S P U R E N hinterlassen haben….
Und wir alle hinterlassen doch, wenn man es recht überlegt, diese Spuren, jede/r auf ihre/seine Weise.
...und umgekehrt...JA auch, dabei hinterlassen auch andere ihre Spuren an uns... und das ist manchmal schmerzlich!
Herzlich
Teresa