Bachmannpreis 1.Tag - 1.Lesung
10:25 Uhr Gunter Geltinger (D, Jg 1974)
Mutter auf Tabletten, Sohn auf Zimt
Geschildert wird eine Mutter-Sohn-Beziehung
Der Text ist ein Auszug aus einem Roman
Der Autor verweist darauf, dass er stottert und bittet um Verständnis für seinen ggf. stockenden Lese-Vortrag. Das weckt irgendwie Sympathie bei mir, dass auch ein „Stotterer“ die Chance erhält, hier zu lesen.
10:25 Uhr er beginnt zu lesen: Wenn der Schnee kommt, wird die Stille zur Bewegung. Der Himmel löst die Wolken auf, löscht den Horizont, nur die Krähen auf dem Feld stecken noch im Weiß, letzte Striche, bald verschluckt. Darüber bildet der Dunst eine zweite Schicht, in Raureif gehüllt ragen die Birken hinein, flüchtige filigrane Gebilde aus Kälte und Licht. Dann legt sich der Wind. Hier dringt noch ein Rascheln aus dem Bruchwald, dort das Knacken eines toten Zweigs von jenseits des Grabens, hinter dem alles aufzuhören scheint, die Kinderspiele, die Sommerversprechen, der Herbst mit seinen hinfälligen Geräuschen, hüben wie drüben das Verstummen aller Echos unter der dünnen Eisschicht, die sich über Nacht auf dem Wasser gebildet hat, ein leises Glucksen darin, aufsteigende Blasen, ein winziger Hohlraum unterm Eis, die Augen des Winters. Schließlich das Starren der Blasen in den blinden Himmel, das Klagen der Krähe, die mit einem Stück Aas im Schnabel aus den Binsen stößt, ihr Flügelschlag, die schwarze Spur in den Schneewolken, und dann nichts mehr, nur noch Stille, die langsam, ganz langsam zu fallen beginnt.
So erinnere ich es heute: das Moor nach den ersten Frostnächten, die Ruhe vor dem Schneesturm, als sie Marga abholten, unter einem kreiselnden Licht, das noch lange in der Dunkelheit flackerte, blau und stumm.
Schon nach wenigen Sätzen merke ich: Mir ist der Text zu langatmig. Es fehlt nur noch, dass die krabbelnden Ameisen und die Fleischfliegen, die sich auf die Kranke setzen, beschrieben werden.
Es folgen ausführliche Alltagsbeschreibungen. Will ich als Leserin ein solches Buch lesen, das einen Alltag beschreibt, wie er sich zigzehntausendfach jeden Morgen, jeden Mittag, jeden Abend in unseren deutschen Stuben abspielt?
Ich muss mich zusammenreißen, um dem Autor weiter zu folgen, muss mich regelrecht zwingen, den Text zu lesen.
Die Sprache ist mir zu umgangssprachlich, ja geradezu vulgär. Wörter wie „Scheiß“, „müffeln“ „Magerschiss“ oder Sätze wie „Halt endlich die Schnautze, du alter Arsch“ „Sie ölte ihren Arsch“ – mag ich nicht lesen. Das ist Fäkalsprache.
Was war das eben? Wo steckt er, der Protagonist, seinen „Schwanz hinein“? In die Bettritze?
NEIN – schon jetzt um 10:40 Uhr zeigt mein Daumen ganz tief nach unten!
Dieser Text wird je länger es dauert, dass er gelesen wird, umso grausliger.
Der Autor hat sich mit der Teilnahme in Klagenfurt keinen Gefallen getan, ich bin maßlos entsetzt. Von dem werde ich mir gewiss nie ein Buch kaufen! Hoffentlich ist dieser erste Text kein Omen für das, was noch folgt in den nächsten Stunden und Tagen!?
Selbst ein gewisser Mitleids-Nachsichts-Bonus ist bei mir um 10:49 Uhr aufgebraucht. Die Lesung wird immer trashiger.
10:53 Uhr: Also jetzt reichts, vormittags will ich nichts vom „Kotzen“ lesen, wer dreht dem endlich den Ton ab!?
Folgen den Fernseh-Trashsendungen nun die Trash-Autoren-Lesungen?
Jedenfalls kommen mir die Sätze von Geltingers Text so vor, als ob der Autor Tage im Big-Brother-Container verbrachte.
Ich drehe den Fernsehton ab, mir reichts.
Auch die Jury verreißt den Text.
Ich atme auf, also nicht nur [m]ein subjektiver Eindruck.
Danke, liebe Jury, dass Ihr diesen Autor als erstes ran genommen habt, damit das Grauen schnell vorüber ist und nicht im Verlauf der Lesung die Lese-Atmosphäre stört.
1646 mal gelesen
Mutter auf Tabletten, Sohn auf Zimt
Geschildert wird eine Mutter-Sohn-Beziehung
Der Text ist ein Auszug aus einem Roman
Der Autor verweist darauf, dass er stottert und bittet um Verständnis für seinen ggf. stockenden Lese-Vortrag. Das weckt irgendwie Sympathie bei mir, dass auch ein „Stotterer“ die Chance erhält, hier zu lesen.
10:25 Uhr er beginnt zu lesen: Wenn der Schnee kommt, wird die Stille zur Bewegung. Der Himmel löst die Wolken auf, löscht den Horizont, nur die Krähen auf dem Feld stecken noch im Weiß, letzte Striche, bald verschluckt. Darüber bildet der Dunst eine zweite Schicht, in Raureif gehüllt ragen die Birken hinein, flüchtige filigrane Gebilde aus Kälte und Licht. Dann legt sich der Wind. Hier dringt noch ein Rascheln aus dem Bruchwald, dort das Knacken eines toten Zweigs von jenseits des Grabens, hinter dem alles aufzuhören scheint, die Kinderspiele, die Sommerversprechen, der Herbst mit seinen hinfälligen Geräuschen, hüben wie drüben das Verstummen aller Echos unter der dünnen Eisschicht, die sich über Nacht auf dem Wasser gebildet hat, ein leises Glucksen darin, aufsteigende Blasen, ein winziger Hohlraum unterm Eis, die Augen des Winters. Schließlich das Starren der Blasen in den blinden Himmel, das Klagen der Krähe, die mit einem Stück Aas im Schnabel aus den Binsen stößt, ihr Flügelschlag, die schwarze Spur in den Schneewolken, und dann nichts mehr, nur noch Stille, die langsam, ganz langsam zu fallen beginnt.
So erinnere ich es heute: das Moor nach den ersten Frostnächten, die Ruhe vor dem Schneesturm, als sie Marga abholten, unter einem kreiselnden Licht, das noch lange in der Dunkelheit flackerte, blau und stumm.
Schon nach wenigen Sätzen merke ich: Mir ist der Text zu langatmig. Es fehlt nur noch, dass die krabbelnden Ameisen und die Fleischfliegen, die sich auf die Kranke setzen, beschrieben werden.
Es folgen ausführliche Alltagsbeschreibungen. Will ich als Leserin ein solches Buch lesen, das einen Alltag beschreibt, wie er sich zigzehntausendfach jeden Morgen, jeden Mittag, jeden Abend in unseren deutschen Stuben abspielt?
Ich muss mich zusammenreißen, um dem Autor weiter zu folgen, muss mich regelrecht zwingen, den Text zu lesen.
Die Sprache ist mir zu umgangssprachlich, ja geradezu vulgär. Wörter wie „Scheiß“, „müffeln“ „Magerschiss“ oder Sätze wie „Halt endlich die Schnautze, du alter Arsch“ „Sie ölte ihren Arsch“ – mag ich nicht lesen. Das ist Fäkalsprache.
Was war das eben? Wo steckt er, der Protagonist, seinen „Schwanz hinein“? In die Bettritze?
NEIN – schon jetzt um 10:40 Uhr zeigt mein Daumen ganz tief nach unten!
Dieser Text wird je länger es dauert, dass er gelesen wird, umso grausliger.
Der Autor hat sich mit der Teilnahme in Klagenfurt keinen Gefallen getan, ich bin maßlos entsetzt. Von dem werde ich mir gewiss nie ein Buch kaufen! Hoffentlich ist dieser erste Text kein Omen für das, was noch folgt in den nächsten Stunden und Tagen!?
Selbst ein gewisser Mitleids-Nachsichts-Bonus ist bei mir um 10:49 Uhr aufgebraucht. Die Lesung wird immer trashiger.
10:53 Uhr: Also jetzt reichts, vormittags will ich nichts vom „Kotzen“ lesen, wer dreht dem endlich den Ton ab!?
Folgen den Fernseh-Trashsendungen nun die Trash-Autoren-Lesungen?
Jedenfalls kommen mir die Sätze von Geltingers Text so vor, als ob der Autor Tage im Big-Brother-Container verbrachte.
Ich drehe den Fernsehton ab, mir reichts.
Auch die Jury verreißt den Text.
Ich atme auf, also nicht nur [m]ein subjektiver Eindruck.
Danke, liebe Jury, dass Ihr diesen Autor als erstes ran genommen habt, damit das Grauen schnell vorüber ist und nicht im Verlauf der Lesung die Lese-Atmosphäre stört.
Teresa HzW - 7. Jul, 18:33 - Rubrik Widerworte
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