Winterbibliothek

Es ist an der Zeit, dass ich mich wieder einmal meiner virtuellen Bibliothek widme, die ich in den Sommermonaten angelegt und seitdem sträflich vernachlässigt, kaum noch besucht, habe.
Kein Wunder, dass sich hier die Spinnen aus dem Garten zum Überwintern eingenistet haben: "Fort, fort mit Euch, Ihr langbeinigen Weberknechte."

Haben Sie das gesehen, liebe Blogleserinnen und -Leser?

Wie die fette Kreuzspinne, die sich da oben, rechts außen, zwischen dem "Jahrhundertschnee" und der Mitte, dem "Tannöd", eingewebt hatte, hinter der "Waldheimat" verschwunden ist?
Als wenn sie sich absichtlich in die "Waldheimat Gschichtn" flüchten wollte!? Hinter die Holzstapel, die der "Rosegga-Bappa" hoch droben im Waldlerhaus bei Alpl aufg`schichtet hat. Damit d`Muttern nit so weit zum Laufen hat. Wann sie bei der eisig`n Kältn ausse muaß, vor d`Hüttn, damit s`Feier ned verlischt…

"Mei, schaugt`s`es!?", so schnell geht’s und sie nimmt mich wieder gefangen, die "Waldheimat".
In diesen kalten Winter-Schneetagen zieht sie mich wieder und wieder in ihren Bann. Obwohl ihre Geschichten und Peter Roseggers Sprache aus einer längst vergangenen Zeit stammen. Kaum nehme ich dies` Buch zur Hand und schlage eine Seite auf, bleibe ich drin hängen. Mein Blick verfängt sich an einem einzigen Wort oder an einem einzelnen Satz wie der Wind, der in den letzten Tagen ständig um`s Hauseck` pfeift und sich im Kaminschacht verfängt. So wie er mir dabei die eine oder andere Rauchwolke herein in die gute Stube weht, so weht mir der Zeit[en]Wind den Staub, der sich im Laufe der Lese-Jahre auf meinen Büchern angesammelt hat, das eine oder andere Körnchen ins Auge.
Es ist gerade so, als ob ich just den Blick noch etwas weiter nach oben oder ganz nach unten senken möge, um mich den raren Schätzen, den nicht alltäglichen Büchern meiner [realen] Bibliothek zu widmen.

Dabei haben es mir nicht nur der Rosegger, sondern auch andere Österreicher, also österreichische Autoren, in diesen Tagen wieder angetan: Zuvorderst Robert Menasse`s viel gerühmte Österreich-Essays, versammelt im Taschenbuch "Das war Österreich". Dann ein anderer, ein Ungarn-Österreicher, dessen Ungarn-Buch in diesen Tagen [nicht nur] in Österreich Furore macht: „Mein verspieltes Land“, Paul Lendvai`s aufrüttelnde Dokumentation über die (aktuellen) politischen Verhältnisse und deren Entwicklung in Ungarn.

Andere Bücher, die ich noch im goldenen Oktober erwarb, wie etwa "Die Nächte von Flores" von César Aira oder Jorge Louis Borges "Ein ewiger Traum" lagern auf den zu lesenden Stapeln in meiner Bibliothek.

Vielleicht liegt es daran, dass mich der Lauf der Sonne und die Jahreszeiten nicht nur in meinem Lese-Rhythmus, sondern auch in meiner Buch-Auswahl und damit im Lese-Geschmack beeinflussen.

Kennen Sie das?

Manche Bücher [er]scheinen [einem] mehr als Winter-Lektüre denn als Sommerlektüre [und umgekehrt] geschrieben.

Die Argentinier lesen sich für mich in den Sommermonaten flüssiger, unbeschwerter, leichter von der Hand umblätternd. Ihre Themen von Liebe und Musik, Literatur und Lebenslust wie etwa die Bücher Julio Cortázar`s passen besser in Hitze geschwängerte Luft, wenn der Schweiß beim Rayuela-Spiel, zwischen Himmel und Hölle, auf den heißen Asphalt tropft.
Kein Wunder, dass es mir derzeit überhaupt nicht nach Südamerika ist: weder nach den Ufern des Rio de la Plata, noch nach der Enge der Andentäler oder der staubigen Schwüle der weiten Pampa, wo es längst schon keine Rinder mehr gibt.

Jetzt in diesen schneereichen, nasskalten, stürmischen, gefriergetrockneten Wintertagen ist mir eben mehr nach (Wald)Heimatliteratur und wieder nach den österreichischen AutorInnen.
Es ist mir nach Mitteleuropa: nach den Mentalitäten unserer Vielvölkerst[ädte]aaten, nach den Weiten unserer Wälder und Auen, nach den Verschrobenheiten, Borniertheiten und Abstrusitäten des ländlichen Raumes, des Hinterlandes.
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