Krasse Worte

Ich breche mein Schweigegelübde. Gebe nun doch [m]einen Senf [grassen Worten] ab. Damit versuche ich jenen "gerecht" zu werden, die sich die Zeit nahmen, um mir >>> hier Ihre Meinung zu dieser "Causa" kund zu tun.

Keine Sorge, liebe Leserinnen und liebe Leser, ich werde nicht wiederholen, was andern[w]orts feuilletonistischer, literarischer, [außen]politischer oder auch polemischer kund getan. Vielmehr möchte ich zwei Aspekte anführen, die ich weder bei den einen, etwa den Unterstützern, noch bei den anderen, den Widersachern und Kritikern jenes Herrn las, der uns über Ostern einen Meinungs-El Ninjo bescherte.

Das brachte mich bei den Osterspaziergängen zu der Überlegung, ob wir nun gar Folgendes erleben:

1. Das Ende des Welt-Intellektuellen?
Kann es sein, dass mit dem Grass`schen El-Ninjo das Ende einer kritischen Intellektuellen-Elite herauf dräut?

In den Zeiten, als es noch kein Internet gab, zählte der Literaturnobelpreisträger zur Elite der Intellektuellen. Was früher er, aber auch andere [seiner, der sog. "Fünfundvierziger" Generation] sagten, wurde [an]gehört.
Bei Themen, die er, aber auch andere [der Erlebnisgeneration {dieser Begriff gefällt mir bedeutend besser}] früher kritisch anmerkten, wurde aufgehorcht, sich des Fingerzeigs angenommen.

Damals analysierten die Intellektuellen die Lage der Nation, die Handlungen der Politik.
Unerbittlich.
Mit scharfem Sachverstand. Mit spitzer Feder.
Allerdings:
Mit dem jeweils anders Denkenden und Glaubenden [Lager] ging man genauso hart ins Gericht, sich gegenseitig beleidigend wie heute auch.

Nur eines war anders!
Damals wurden solche Diskussionen zunächst unter Ihresgleichen, also im jeweiligen Sprengel, in der eingeschworenen Gemeinschaft der Feuilletonisten, in Politiker[hinter]zimmern, in der Literatenszene selbst geführt.
Es dauerte eine Weile, bis ein Thema den Weg in ein[en] Spiegel[Bild] der sogenannten allgemeinen Öffentlichkeit fand. Und wenn, dann ohnehin nur über das eine oder das andere dafür bestimmte Medienblatt.

Heute?
Heute ist eine Meinung, eine Haltung, eine Ansicht, eine Kritik ruckzuck im Netz und via Internet und Social Networks in alle Himmelsrichtungen versendet und in Nullkommanix be-zwitschert, in festen Meinungsbeton gegossen.

Die Intellektuellen, als Elite wie früher, gibt es meiner Meinung nach nicht mehr.
Zumindest nicht in der Art und Weise wie früher. Zumindest nicht in einer von der allgemeinen Bürger-Öffentlichkeit abgetrennten Sphäre der Hinterzimmer und Sprengel.

Heute halten sich viele Protestler selbst für Intellektuell[e], weil sich jederzeit jedermann jederfrau selbst zu einer intellektuellen Haltung aufschwingen kann.

Vielleicht auch, weil von der breiten Masse gern derjenige als "intellektuell" [im Sinne von "klug, schlau"] angesehen wird, dem es gelingt, im Gerangel um die Meinungshoheit möglichst schnell der Quotensieger der "gefällt mir“-Button-Generation zu werden?

So oder so:
Einer der letzten, wahrhaft[ig]en Intellektuellen wurde und wird derzeit kräftig demontiert, vor allem von jenen, die noch vor zehn Jahren zur kritischen Elite der wirklich Intellektuellen zu rechnen waren.

Und wir anderen?
Wir Zuseher, wir Fernsehgucker, wir Nachrichtenjunkies, wir [Des]Informierte - erleben wir nun das Ende nicht nur e i n e s alten Intellektuellen, sondern einer bis dato auch unangefochtenen Kritikerelite?
Oder ist es z u g l e i c h doch der Aufbruch in eine neue, andere Form...

Doch dann sollten diejenigen, die beim Stimme erheben, voran schreiten, zu allererst wirklich ihr Hirn einschalten und mal aufmerksam lesen, was tatsächlich in dem Gedicht drin steht. Und nach allen Regeln der Kunst analysieren, ob der Text überhaupt ein Gedicht darstellt?

ODER

Ist dieses E S - das wir derzeit erleben….

2. …ein "Spiel"?
Im Gefolge des Meinungssturms, der wie ein El Ninjo um den halben Erdball zieht, kommt mir nämlich eine Begegnung in den Sinn, die mittlerweile einige Jahre zurückliegt.
Damals, es war ebenfalls ein Frühjahr, Bäume und Sträucher standen in frischer Blüte, fuhr ich mit dem Zug nach Prag. Ich freute mich, in Nürnberg [damals ging das noch mit dem Eilzug] hinter der Lok einen nahezu leeren Waggon und damit ein Abteil ganz allein für mich gefunden zu haben. Eben hatte ich es mir bequem gemacht, die Schuhe ausgezogen, die Beine hochgelegt, als eine tschechische Stimme und andere fremdsprachige Laute [die ich nicht einzuordnen imstande] an mein Ohr klangen. Danach tauchte an meiner Abteiltür erst der Schaffner, dann eine junge Frau auf. Die gläserne Schiebetür flog krachend ins Scharnier, ein schwerer Backpacker-Rucksack herein. Eine junge Frau mit der Energie von Tausend Volt [wie mir schien] schwang sich mit lautem Lachen ins Abteil und landete neben mir auf dem Sitz. Ihr erster Redeschwall flog wie ein Donnerschauer über mich hinweg, bis meine Hirnareale sich sortiert und die richtigen englischen Höflichkeitsfloskeln sich den Weg gebahnt hatten, das Buch weggepackt, die Beine jedoch auf dem Sitz gegenüber liegen geblieben waren. Was die neue Reisebegleiterin ganz lustig fand und es mir sogleich nachtat. Schließlich lagen mehr als vier Stunden Zugfahrt vor uns.

Wir tauschten nicht nur die Namen, sondern auch die Plätze, weil ich die Gegend wie meine Westentasche kennend, dachte, es gezieme sich, einer jungen Globetrotterin den schönen Sitzplatz am Fenster anzubieten, zumal das Wetter sich blau-weiß den Nachmittag krönend zeigte.

Es entwickelte sich eines der interessantesten Gespräche, die ich je auf einer Reise geführt habe. Während dieser Zugfahrt habe ich noch nie so viel über eine andere Mentalität und ein Land erfahren, das mir bis dahin fremd war.

Die junge Dame, so stellte sich heraus, war Israelin, erst zweiundzwanzig Jahre alt und hatte bereits einen vierjährigen Dienst in der israelischen Armee hinter sich. Nun bereiste sie die Welt, hatte in Deutschland studierende Freunde besucht, wollte für zwei Tage nach Prag und von dort über Wien weiter in den Kosovo. Natürlich wollte ich wissen, welche Aufgaben eine junge Frau in der Armee hat...

Sie sei zuständig gewesen für "militärische Präventionsprogramme in Kindergärten". Dahinter verbarg sich so eine Art Aufklärungskampagne, was im Ernstfall bzw. im Konfliktfall also bei einem Bombenangriff zu tun ist, wie man sich zu verhalten hat, wie man eine Sauerstoffmaske aufsetzt usw.
Die junge Israelin erklärte mir dies in Worten, als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt sei, über Krieg[sbedrohung] zu reden, etwa so, wie wenn wir uns hier in Europa über das Wetter unterhalten und überlegen, ob wohl besser der Schirm mitzunehmen sei oder eine einfache Regenjacke genügt, wenn am Horizont Regenwolken aufziehen.
Mir schien das damals auf der einen Seite eigenartig und sehr befremdlich [so wie manch einer[m] von Ihnen jetzt dieser Wettervergleich], dass eine junge Frau so unbekümmert über "militärische Themen" spricht.
Auf der anderen Seite hat es mich sehr beeindruckt, wie ein junger Mensch in einer Umgebung mit ständigen Bombenattentaten und drohender Kriegsgefahr lernt, damit zu leben.
Ich hatte irgendwann während unserer nachmittäglichen Fahrt auch den Mut, sie zu fragen, wie sie denn damit umgehe, dass in ihrem Land stets irgendwo ein Anschlag drohen könne.
Darauf meinte sie:
Sie betrachte das Leben als Spiel.
Alles sei doch einfach nur ein Spiel.
Entweder man zähle zu den Gewinnern und lebe weiter oder es sei eben plötzlich vorbei.

Dieser Satz von ihr:
"Life is a game, you win or loose it" - ist mir bis heute im Gedächtnis haften geblieben, wie jene Begegnung auch. Eine Begegnung, die mir einen nachhaltigen Eindruck über eine [mir] sehr fremde Mentalität vermittelte.

Was glauben Sie, liebe Leserinnen und Leser, wie klein und nichtig mir da mit einem Mal die eigene Welt vorkam.

Daher:
Wäre es nicht besser, anstelle öffentlicher Aufgeregtheit mehr in das direkte Gespräch und den direkten Meinungsaustausch der Menschen über Ländergrenzen und Generationenbarrieren hinweg zu investieren?

Allerdings: [Kr]ass[sch]en Worten hilft das auch nicht weiter. Dieses "Kind" ist nun erst mal in den Brunnen gefallen…
3373 mal gelesen
Der Buecherblogger (Gast) - 11. Apr, 18:27

Was könnte dem intellektuellen Gemetzel mancherorts besser zu mehr Nachdenklichkeit verhelfen als eine gute, kleine Erzählung. Das Krasse richtete sich gegen die israelische Regierungspolitik, nicht gegen eine jüdische Bevölkerung, deren Schutzbedürfnis man jederzeit nachvollziehen kann. Gegenseitiges Erzählen und aufmerksames Zuhören führt beinahe zwangsläufig zu mehr Verständnis.

Teresa HzW - 20. Apr, 09:57

@Bücherblogger

Weise Worte wahrer weltlicher Lebenserfahrung sprechen aus Deinen Zeilen, lieber Dietmar. Ich glaube, das ist überhaupt das Kern-Problem in der heutigen Zeit: Keiner h ö r t mehr dem a n d e r e n aufmerksam zu. Nur noch wenige nehmen sich die Zeit, das, was ein anderer geschrieben hat, überhaupt erst aufmerksam zu lesen, das Gelesene "sacken" zu lassen, sich darüber eigene Gedanken zu machen und dann seinen Widerspruch, seine Kritik, seine Anti-These dazu zu formulieren. Genau d a s ist meines Erachtens bei diesem Gedicht geschehen. Es wurde von Medienvertretern ge-scannt [nicht gelesen!], das Auge blieb an Schlüsselwörtern, die manchem auch Reizwörter sind, wie "Israel" und "Antisemitismus" hängen und schon wurde sein Urheber medial mit lautem Getöse in eine bestimmte vorgefertigte Schublade geschleudert, aus der er nun schwerlich herausfindet.
Das Schlimme daran ist, dass im Gefolge alle anderen gleich auf diesen Zug aufsprangen und ins selbe Horn bliesen.
Jossele - 11. Apr, 21:46

Ob das Ende der Intellektuellen eingeläutet ist, das sehe ich noch nicht, dass aber mit Facebook und co. ein Überangebot an verzichtbaren Meinungen jeglicher Disput überschwemmt wird, das ist ziemlich unbestritten.

Die Reaktionen auf´s Grass´sche "Gedicht" erschrecken mich ein bisserl, verwundern jedoch nicht, ist es doch immer oportuner in Lagern zu denken, oder denken zu lassen.

An sich ist in besagtem Werk keine Rede von Zweifel an der Existenzberechtigung von Israel, eher an der Art, wie der gegenwärtige Staat seine Interessen durchzusetzen gedenkt.
Und bitte, diese Kritik muss erlaubt sein ohne damit gleich ins Terroristeneck gestellt zu werden.

Eine meiner Töchter kam jüngst aus Israel zurück, und sie war fassungslos, wie dort einige Dinge laufen (es sehen ist ja was anderes als darüber zu lesen).
In Hebron z.B. gibt es jüdische Siedlungen, wobei, manchmal handelt es sich dabei nur um ein einzelnes Haus in der Altstadt. Zur Sicherheit wurden alle umliegenden Häuserblocks von Palästinensern "gesäubert" und deren Häuser zugemauert, auf den Straßen wurden Trennmauern errichtet, etc.
Dem jüdischen Siedler, dervor einigen Jahren ein Blutbad in einer Moschee begangen hat, hat man ein Denkmal errichtet.
Dies alles wurde vom Staat befürwortet.
Das ist nicht der Weg um zueinander zu finden.

Wenn jemand diese Art Staat kritisiert, heißt das noch lange nicht, dass er für den Terror der anderen Seite stimmt.

Das sind nicht DIE Israelis, es sind einige.
Daneben gibt es auch die Bewegung "Frieden jetzt", auch das sind Israelis und Palästinenser und das macht Hoffnung.
Es gibt ja auch ein Miteinander in diesem Landstrich, dafür wäre Stimme zu erheben. Mauern haben wir schon genug.

Ich lese das Grass´sche als Aufruf die Schwerter wegzulegen, auf allen Seiten, weil, ja, jeder Schlag ist eine Bedrohung und zieht weitere nach sich.

Es wär an der Zeit, sich wieder dran zu erinnern, was Werte waren ehe sie verkauft wurden.

Teresa HzW - 20. Apr, 10:47

Lieber Jossele,

Ja, es muss weiterhin erlaubt sein, frei und ungehindert ohne Repressalien seine Meinung äußern zu dürfen, solange selbige nicht in andere verletzendem Ton kundgetan wird.
Ich glaube ,es wird eine der größten Herausforderungen der Zukunft sein, dass wir uns dieses Recht auf eine unvoreingenommene freie Meinungsäußerung bewahren! GERADE wegen Facebook & Co. Manchmal hat es für mich den Anschein, als trügen diese "social media"-Plattformen eher zu einer Art Meinungsäußerungs-Verbot, zu einem Abkanzeln und Abwerten anderer Meinungen als zur respektvollen Anerkennung Andersdenkender und Andersmeinender bei.

Ihre Interpretation des Grass`Gedichtes deckt sich mit meiniger. Auch ich glaube, dass er eher wachrütteln wollte und wahrscheinlich selbst vom Sturm, der losbrach, überrascht wurde. Ich hoffe, es bleibt ihm und damit auch uns, der interessierten Leserschaft, die Lebenszeit, dass er all das in einem neuen Buch verarbeiten kann – denn, dass er dies früher oder später tun wird, dessen bin ich sicher [wenn ihm aufgrund des fortgeschrittenen Alters -wie gesagt- die Zeit dazu bleibt].

Ihre Tochter scheint vor Ort auch die Schattenseite kennen gelernt zu haben. Solche Erlebnisse bei einem Aufenthalt in einem fremden Land zu erfahren, ist sehr schmerzlich, weil sie in einem doch stärker haften bleiben, einen nachhaltiger prägen als die vielen positiven Dinge, die man ebenso aus einer fremden Kultur mitnimmt.
steppenhund - 11. Apr, 22:50

zur Elite

Interesting words. Nein, ich muss wieder auf deutsch zurückschalten. Ich komme soeben aus Belgrad zurück, unheimlich müde, praktisch schon am Weg ins Bett, vier Stunden früher als normal ( :) ) und werde von meinem alten Schulfreund angerufen. Eh der mit der Professur in Basel und dem Nierenkrebs, der, welcher noch immer lebt und trotz der Beschwerden, die er durch die Medikation hat, fast jeden Monat einen Vortrag halten muss.
Jetzt auf einmal (wo er es nicht braucht) kommen die Leute zu ihm und fragen ihn und laden ihn ein etc.
Leider kann ich das Treffen am Sonntag wahrscheinlich nicht wahrnehmen, weil ich da vielleicht schon wieder wegfliege. So unterhalten wir uns und das vielleicht über eine Stunde. Über Grass haben wir nicht gesprochen. Doch über die Unmöglichkeit, vorauszusagen, welches Land von einer Krise besonders betroffen wird und welches sich leicht herauswurschteln kann. Er hat eine These aufgestellt, dass die Orthodoxen das etwas verschlampt haben. Steuerhinterziehung bei Orthodoxen wird nicht wirklich als das Verbrechen angesehen, wie es in Amerika oder in Deutschland behandelt wird. Wir sprechen über Emmy Noether, eine besondere Mathematikerin, die man bei uns kaum kennt. Sie ist Frau und Jüdin, was für eine tödliche Mischung. Gut genug, um sie in Österreich tot zu schweigen, während in Amerika höchste Auszeichnungen nach ihr benannt sind. Wir sprechen über meinen kommenden Vortrag bei einem Mathematiksymposium, (!) bei dem ich über Software-Test spreche und ich erläutere ihm meine Ideen über Ultra Large Scale Software Systems. Wir sprechen über die Häufung von simplen militärischen Konzepten in einem Großteil der Science Fiction, ich bringe Gegenbeispiele. Kurz wird die Art der Nobelpreisvergabe gestreift.
Er bewundert die seherischen, intuitiven Fähigkeiten eines Bernoulli und meint, dass er dazu nicht fähig wäre. Ich bestreite das und gebe ihm Beispiele, wo man mit reiner Intuition den richtigen Sachverhalt erfühlen kann. Ich habe den Hinweis auf Emmy Noether von einer ehemaligen Freundin bekommen. Da ich sie auf Skype erwischen konnte, habe ich mich bei ihr bedankt und war sehr überrascht, was sie mir erzählte. Ich habe die Geschichte mit der Symmetrie (eines der wesentlichen Theoreme von Emmy Noether) 2001 in Diskussionen mit ihr über Gott angeführt. Damals haben wir gestritten, doch heute verwendet sie die Ideen, wenn sie mit Leuten argumentiert. Und deswegen hatte sie auch die Ähnlichkeit erkannt und wollte mir das deswegen zukommen lassen.
-
Das waren ungefähr die Hälfte der Themen die wir in einer Stunde abgehandelt haben. Weitaus ausgedehnter, doch alles mit sehr konzisen und knappen Darstellungen.
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Ich würde den Schluss ziehen, dass es noch so etwas wie eine Elite gibt. Ich gehöre da nicht dazu, aber ich kann es verstehen, wenn jemand aus der Elite mit mir spricht. Da kann ich fast überall mithalten. Doch das läuft über Telefonate, Skype-Sessions, private Mails... Das, was rausgeht, ist möglicherweise eine Publikation oder ein Vortrag. Und den hören nur ganz wenige Leute. Ich persönlich bin es müde geworden, mit Leuten zu reden, bei denen man von Adam und Eva anfangen muss. Dann schweige ich lieber und stelle mich dumm.
-
Was die junge Israelin erlebt und berichtet hat, habe ich vor etwa 20 Jahren in Südkorea erlebt, wenn junge Männer andauernd zu Reserveübungen eingezogen wurden und mir irgendwann klar wurde, wie kurz die Distanz zwischen Nordkorea und Seoul ist. Und wenn ich jetzt in Serbien mit Leuten zu tun habe, die vor 13 Jahren noch einen Krieg erlebt haben, dann macht das auf mich auch einen großen Eindruck.
-
Und wenn ich dann sehe, wie eine Realityshow noch blöder ist als die vorgegangene, dann fürchte ich, dass die Elite, welche sich über das Lesen definiert, wirklich bald das Schicksal derjenigen erleiden wird, die in Fahrenheit 451 von Ray Bradbury vorkommen.
-
Es ist verdammt gefährlich, zur Elite zu gehören oder gehören zu wollen. Vielleicht wird es einmal bereits lebensgefährlich sein, wenn man zugibt, dass man lesen kann. Deswegen kann mich das Gedicht von Grass weniger aufregen als die Artikel in einem Spiegel. Denn der Spiegel war auch schon einmal besser.
Und in der Süddeutschen im Flugzeug lese ich über Leonard Nelson, einem deutschen Philosophen, der sich schon vor einem Jahrhundert darüber aufgeregt hat, wie schlampig die Philosophen mit der Logik umgehen.
Vielleicht wird gar nicht alles schlechter. Vielleicht war vieles früher genauso wie heute, nur heute bekommen wir es aktuell und lebendig ins Haus geliefert.
Vielleicht reicht es schon, einfach mehr Beruhigungspillen zu nehmen.

Teresa HzW - 20. Apr, 10:54

@Steppenhund

"Your words are also interesting!"
Sie zeigen, wie die modernen Kommunikationsmittel in positiver Weise dazu beitragen, dass [unser]eine[r] intell[igent]-e-ktuelle Gedanken mit anderen Gleichgesinnten austauschen kann. Gleich, wo ein anderer Intell[igent]-e-ktuelle[r] auf dieser Welt zuhause ist.

„Dass es noch so etwas wie eine Elite gibt“ – ziehe ich daher nicht in Zweifel. Doch sind dies nicht eher sog. "fach[wissenschaft]liche Eliten", lieber Steppenhund? Die ihre Überlegungen [wie eben, von Ihnen wunderbar, beschrieben] in eigenen Communities, unter ihresgleichen mit modernen Kommunikationsmitteln führen!?

Mir ging es mehr darum, einmal aufzuzeigen, dass wir Gefahr laufen, dass wir unsere sog. Welt-Intellektuellen verlieren. Zu solchen Welt-Intellektuellen rechne ich nur wenige, die sich ihre Reputation [eines Welt-Intellektuellen] über Jahrzehnte – natürlich mit Hilfe medialer Außenwirkung – aufgebaut haben bzw. wohl gerade auch durch die mediale Beachtung erst ein solches Renommee auch in der breiten Öffentlichkeit erwerben konnten. Dazu zählt für mich neben dem genannten Schriftsteller auch ein Helmut Schmidt oder ein Henry Kissinger oder auch der französische Philosoph Stéphane Hessel.

Allerdings:
Ich fürchte eben, dass wir der Welt-Intellektuellen verlustig gehen, denn in der Tat, welcher kluge Kopf hat heute noch die Chance sich in ähnlicher Weise wie die eben Genannten entwickeln zu dürfen!?
Sind es nicht gerade die Social Media und ihre Codes, die zu einer Selbst-Beschränkung aller Klugen und alles Intelligenten-Intellektuellen führen?

Welcher kluge Kopf riskiert in die Mühlen "öffentlichen" Bashings zu geraten? Dann lieber einen Vortrag unter seinesgleichen halten. Oder ein Buch unter dem Deckmantel der Fiktion oder Zukunftsutopie heraus geben [damit bleibt dann immer ein Hintertürchen des Rückzugs offen].

Insofern erleben wir doch schon – vielleicht gerade wegen der enthemmten social media Auswüchse – das, was Sie, lieber Steppenhund, bereits als Befürchtung in Ihrem Kommentar oben formulieren:
"Es ist verdammt gefährlich, zur Elite zu gehören oder gehören zu wollen."

Wobei ich glaube, dass es für Intellektuelle zu keiner Zeit einfach war! Gab es nicht auch schlimmere Zeiten und Gesellschaftsstrukturen- etwa jene, als Andersdenkende, laut Nachdenkende, offen verfolgt und in den Kerkern der Inquisition gefoltert wurden. Insofern... seien wir froh, heute zu leben!
UND:
Bevor wir zu den Beruhigungspillen greifen, öffnen wir lieber einen Tropfen guten Wein! ;-)
Teresa HzW - 12. Apr, 07:06

Ganz be-rührt bin ich von Ihren Kommentaren: ein jeder eindrücklich, ergreifend, nahe gehend den einen oder anderen Aspekt von mir vertiefend.
Das ist toll!

Leider ruft der Weinberg, so dass ich Ihnen grad (noch) keine [großen] Wieder(!)worte zurück schreiben kann.
Heute bin ich den ganzen Tag eingespannt... es wird spät werden... umso mehr freue ich mich, wenn ich wieder hier bin und weiter lesen... dann auch antworten kann.

Einen wunderschönen Tag allseits
bitt`schön
"without any trouble"
;-)

Bubi40 - 12. Apr, 10:53

ich sehe die "Causa Grass" ebenso wie Josef d. J., und ich bin der meinung, dass herr Grass genau das im sinn hatte, was mit seinem gedicht nun passiert ist ...
es polarisiert, und man redet öffentlich über das thema der realen kriegsgefahr. es kommt in breiter form ins bewußtsein der menschen.
na klasse, eins drauf mit mappe für herrn Grass.

Jossele - 13. Apr, 20:51

Ein bisserl was bewirken können Gedichte ja doch.
Teresa HzW - 20. Apr, 11:02

@Bubi40

Hm, ich weiß nicht recht, ob er diese Wirkung wirklich so einkalkuliert hat[te], lieber Josef. Mir hatte es eher denn Anschein, dass er von der Wucht der welt-öffentlichen-Meinungs-Welle auch sehr überrascht und im wahrsten Sinne der Wortes ge-troffen war.
Jedenfalls sieht er auf den "gesendeten" Bildern der Öffentlichrechtlichen TV-Ausstrahlungen "übel mitgenommen" aus!

Aber wir beide wissen ja, da kann auch genau so ein Bild, so eine Bild-Sequenz bewusst heraus genommen und in den Sendungsbeitrag eingebettet worden sein.
:-o
Teresa HzW - 14. Apr, 07:08

Land.

UNTER. -stop-
Meine Wiederworte. -stop-
Zu Ihren Wi[e]derworte[n]. -stop-
Kommende Woche. -stop-
Bis dahin. -stop-

Falkin - 14. Apr, 08:49

tierisch

Liebste Teresa,

some animals are more equal than others

...und wenn dabei ein Kind in den Brunnen gefallen wird, ist es vergleichbar mit anderen unerwünschten reAktionen noch eine wünschenswerte, wenn man bedenkt, dass in Israel Steine-werfende Kinder auf das Menschunwürdigste gefoltert werden...

...da wird aus Spiel schnell Ernst, bleibt zu befürchten. Wer lehrt den Jungen zu verstehen, zu vergeben? Ihn, das unschuldige Feindbild? Und so wird "Jesus" weitergeXigt.... tagtäglich... stellvertretend in Krass, unschuldigen Kindern, in jedem, den wir ver-urteilen, nur, weil WIR unser Spiegelbild nicht er-tragen und daraus den Frei-Brief ab-leiten, diesen Spiegel zu zerstören.

Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die Schönste im ganzen Land?
...und wenn wir Schönheit gleichsetzen mit Wahrheit, Aufrichtigkeit und Authentizität, dann wissen wir, wohin die Nummer führt.. und dass die böse Königin nichts anderes im Sinne führt, als uns mit vergifteten Äpfeln und Kämmen zu exterminieren. Froschkönig Krass hat darauf sehr gelungen aufmerksam gemacht.

Die sehrst bescheidene und selbstverständliche höchstpersönliche, naturgegeben begrenzte Meinung einer unbedeutenden Ente,

die Sie, liebste Teresa, herzlichst grüßt
und Ihnen ein rundum im Innen und Außen bereicherndes Wochenende wünscht!

Ihre Falkin

steppenhund - 14. Apr, 09:38

Wenn man dem Text im Link glaubt, muss es ja nicht einmal sein, dass der Junge wirklich Steine geworfen hat.
Es ist vermutlich ein Faktum, dass solche Vorfälle in jedem Land der Welt vorkommen. Wenn ich so etwas lese, fällt mir die zynische Bemerkung ein, dass Israel und Amerika im Geiste offensichtlich bis in die niedrigsten sadistischen Gefilde verwandt sein müssen. Allerdings habe ich während meiner Zeit in Russland, Bücher des Samisdat-Verlags über verschiedene Gulags gelesen, wo ganz ähnliche Foltermethoden von den Mitarbeitern der Ljubljanka beschrieben werden. Und ich vermute, dass es in China und Indien nicht anders zugeht.
Und wie Grass glaube ich selbst gesagt hat, geht es ihm nicht um Israel sondern um die Regierung unter Netanjahu.
Und ich nehme an, dass mindestens 50% der Israelis genauso entsetzt währen, wenn sie den Erstschlag als beschlossene Vorgehensweise ansehen müssten.
Bubi40 - 15. Apr, 08:54

die geschichte vom kahlen Elisa ...

Buch der Könige
Kap. 2
Vers 23 f

"- 23 Und er ging hinauf gen Beth-El. Und als er auf dem Wege hinanging, kamen kleine Knaben zur Stadt heraus und spotteten sein und sprachen zu ihm: Kahlkopf, komm herauf! Kahlkopf, komm herauf!
- 24 Und er wandte sich um; und da er sie sah, fluchte er ihnen im Namen des HERRN. Da kamen zwei Bären aus dem Walde und zerrissen der Kinder zweiundvierzig."
noch eine frage ?
hier gibt es einen kommentar :

http://bubi40.twoday.net/stories/mal-wieder-ein-biblisches-lehrstueck/
Jossele - 16. Apr, 17:34

Was auch immer irgendjemand irgendwo geschrieben haben mag, und sei es auch in der Bibel gelandet, was letztlich auch nur ein willkürlicher Auszug etlicher Schriften ist (Bitte, es steht geschrieben, na und?), wir haben die Pflicht miteinander zu leben! Das gebietet das Menschsein, jetzt, heute, hier, egal ob in Israel, Palästina (das ja eigentlich schon vor der Bibel existierte), Iran/Persien, Sachsen, Schlesien, Fürstenfeld, Wien oder sogar Vorarlberg.
Teresa HzW - 20. Apr, 11:20

tierisch

Zutiefst berührt von Ihrem Kommentare,
ich bin,
liebwürdige Falkin!

Dies bringt mich zu der nachdenklichen Erkenntnis, dass – bevor weitere weltpolitische Resolutionen in bedeutsamen internationalen Gremien überdacht, erlassen, beschlossen und verkündet werden - all die Völker-Vertreter-innen, die in diesen Gremien sitzen und für ihre Nation eintreten, doch zuvorderst einmal folgenden Grundsatz in der Menschenrechtskonvention or whereever verankern sollten: Von Kindesbeinen an in Kindergarten und Schule ein Fach mit Namen "Menschenwürde-Kunde" aufzunehmen, in dem die Werte vermittelt werden, die für ein menschenwürdiges-miteinander-Leben vermittelt und gelebt werden.
Denn - was nützen alle Resolutionen dieser Welt, wenn entsprechende Einsichten nicht von Kindesbeinen an verinnerlicht werden.
Sonst wird es immer irgendwo auf dieser Welt solche den Menschen verachtende ["Aktion[s]en"]Folterungen, wie von Ihnen hingewiesen, geben.

Auch Ihnen im Innen und Außen bereichernde Wochen-[end]-Tage wünschend,
immer wieder mal gen Himmel blickend, ob eine Greif-Vogelin herabstößt ;-)
Sehr herzlich hinauf winkend
Ihre Teresa
Bubi40 - 17. Apr, 15:52

wir sitzen trauernd an dem orte.
gibt´s denn hier niemals wieder worte?

Teresa HzW - 20. Apr, 09:53

Wiederworte

Sodele, die Welle der Hektik ist abgeebbt, was mir gestattet, heute wieder Zeit und Muse in den Meinungsaustausch mit Ihnen hier zu "investieren" ;-)
und
nun…
eins…
nach…
dem anderen…
"ab[zu]arbeiten" :-)

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