Preußischer Glamour
Gefühlte drei Sekunden dauerte der Hochzeitskuss seiner königlichen Durchlaucht Georg Friedrich Prinz von Preußen, und ihrer Durchlaucht Prinzessin Sophie von Isenburg. In der Friedenskirche in Potsdam gaben sie sich heute Mittag das Ja-Wort.
Ein Jahr der königlichen Familienfeierlichkeiten des europäischen Hochadels: im April im englischen Königshaus, im Juli am monegassischen Fürstenhof, zuletzt der Kondukt [Ihrer Majestät hätte ich beinah geschrieben] des letzten habsburgischen Kaisersohns in Wien; nun das Fest des preußisch-hessischen Hochadels.
Eine noch nie dagewesene mediale Präsenz sichern diese Feiern den europäischen Adelshäusern. Dem Volk, jedenfalls dem, der den Fernseher einschaltet oder die Gazetten des Boulevards liest, vermitteln sie die Traditionen, die Gepflogenheiten und Werte einer untergegangenen Welt. Es sind Traditionen, die es in abgewandelter Form in mancher Familie noch gibt, denn um Werte zu bewahren und Familienbräuche zu pflegen, bedarf es an sich keines Adelsgeschlechts.
Die Tradition alter Adelsgeschlechter war heute sehr gut bei dieser Preußen-Hochzeit zu sehen:
Die Ringe, die das Brautpaar tauschte, sind die Eheringe der Eltern des Prinzen von Preußen, die lediglich in ihrem Inneren eine neue Gravur – die Hommage an die heutige Zeremonie – erhalten haben.
Der Brautschleier ist ein im Jahr 1830 aus Brüsseler Spitze gefertigter Schleier des Hauses Isenburg, den dort die Frauen bei ihrer Vermählung tragen. Ich vermute, er wurde, um ihn auf zu hübschen, leicht in weiß eingefärbt. Ebenfalls eine Haus-"Tracht" das Hochzeits-Diadem der Braut, das mit Nadeln und einem Metallnetz im Haar befestigt sein musste. Beim abendlichen Hochzeitsdinner wird die frisch vermählte Prinzessin dann ein preußisches Meanderdiadem tragen, das einst der Großvater des Bräutigams für seine Braut fertigen ließ. Es ist ein besonders gearbeitetes Diadem und mit Brillanten besetzt.
Die bürgerliche [Adels]Moderne verkörperte das Brautpaar im Stil ihrer Hochzeitsgarderobe: Sie durch ein weißes Hochzeitskleid, designed von Wolfgang Joop, aus seinem Label Wunderkind, raffiniert geschneidert, weil sich in ihm neben einem Hauch von Rokoko verschiedene Stilelemente verbinden: Etwa das Bolerojäckchen aus Organza – ein kleine Reminiszenz an die militärisch preußische Offizierstracht [fragte ich mich?] – oder der geraffte Rock. Für eine große Frau, wie Sophie von Isenburg, sehr gut zu tragen. Passend dazu ihr Prinzgemahl in einem bürgerlichen Frack und gestreifter Hose. Er hätte – standesgemäß - auch in Offiziersuniform heiraten können. Dass er statt der militärischen Tracht den bürgerlichen Frack wählte, zeigt das Gespür für die veränderten Zeiten und dass sich Adel heute eigentlich mehr als Bürger fühlt. Wobei das – ich erinnere an den kaiserlichen Aufzug beim Kondukt in Wien – anderswo auch anders gehandhabt wurde und wird.
So verkörperte das Brautpaar auch in der Farbwahl optisch die Tradition ihrer Häuser : schwarz-weiss – die Farbe sowohl der Hohenzollern und Preußen als auch der von Isenburg.
Im blauen Landauer, gezogen von sechs Wallachen aus dem Brandenburgischen Hauptgestüt Neustadt an der Dosse, fuhren der Prinz und seine Prinzessin glücklich lächelnd und den Schaulustigen freundlich zuwinkend davon zu ihrem großen Fest in die Neuen Kammern im Park Sanssouci, wo sie Hunderte von Händen der defilierenden Gäste schüttelten. In der Orangerie im Schloss wird abends weiter gefeiert. Ein viergängiges Menu wird aufgetafelt. Tanzend bis früh in den Morgen klingt das Hochzeitsfest aus… oder eben so wie es dem Alter der Gästeschar angemessen…
Teresa HzW - 27. Aug, 18:44 - Rubrik Andern[w]Orts
Was rechtfertigt dann die Berichterstattung aus dem fernen Finnland über die Luftgitarrenmeisterschaft? Das ist Geldverschwendung und mit dem Auftrag der sog. öffentlichen Grundversorgung, die ARD und ZDF haben, nicht zu begründen.
Da bin ich genauso gegen. Die Lustreisen eines Redakteurs zu finanzieren. Ob der mit Kamerateam zu Königs nach England, Monaco oder Potsdam reist oder zur Rockbraut nach Finnland.
@S.K.H. und Frau U.
Ich kann Ihrer beider Haltung sehr gut nachvollziehen, wobei ich jedoch nicht glaube, dass eine Live-Berichterstattung über mehrere Stunden hinweg für diejenigen, die vor der Kamera stehen - gleich ob Talkgäste oder Moderatoren - eine "Lustreise" ist.
Ich kann die Verägerung von Ihnen, S.K.H., sehr gut nachvollziehen. Ich frage mich, ob das "Totschweigen" [wie Sie es nennen] damit zu tun haben könnte, dass es zahlreiche Menschen in unserem Land gibt, die ein Problem mit der Auseinandersetzung über die eigene "nationale" Geschichte haben. Immerhin bringt das junge Ehepaar fast eine eintausend Jahre alte [Adels]Geschichte zusammen, die politisch-historisch sehr schwierig für uns war und bis heute ist. Mag sein, dass dies in einer Berichterstattung von nationaler Tragweite, wie sie durch ARD und ZDF gewesen wäre, manchem verantwortlichen Redakteur eine zu große Erb-Last [der Darstellung gewesen wäre und somit] war. Indem man den ARD-ZDF-Mantel des Schweigens ausbreitet, entzieht man sich zugleich den ganzen Problemen, die in dem Fall ggf. eine nationale Berichterstattung mit sich gebracht hätte. Als Feigenblatt dient dann die Berichterstattung im RBB und HR und wie nebenbei kann jeder verantwortliche Rundfunk-ler seine Hände dadurch in Unschuld waschen und sagen: "Wir haben doch in der ARD-Schiene sogar auf zwei Regionalsendern berichtet". Das ZDF wiederum könnte mit selbiger Argumentation auf die ARD verweisen.
Immerhin griffen die großen Qualitätszeitungen, wie etwa die FAZ, das Thema auf und leuchteten auch ein wenig in die Historie hinein.
Übrigens:
Wie ich gestern durch einen Beitrag bei RTL-Explosiv Weekend (Sendung: 17:45-18:45 Uhr] aus einem Beitrag über die Adelshochzeit erfuhr, war es der Prinz selbst, der eigentlich überhaupt keine Berichterstattung – auch nicht des Regionalfernsehens, wünschte…
Vor dem Hintergrund zeugt es wirklich von "verkrampfter Haltung", lieber S.K.H., wenn Hochzeiten ausländischer Adelsfamilien live über Stunden übertragen und von unseren Gebühren bezahlt werden. Eine nationale Auseinandersetzung mit der eigenen [Preußen]Geschichte jedoch unterbleibt und mittels Regionalfernsehen elegant umschifft wird.
" Jedem Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. "
es kann der eine über einen beitrag giften, der dem anderen höchste erbauung bringt ...
zum glück hat es viele sender ... und es hat ebenfalls zum glück einen schalter am gerät ... nutzen wir also - statt eines streites - die möglichkeiten ...
an Bubi40
Wer hart in der Sache argumentiert, dabei fair bleibt, streitet nicht.
ersetzen sie bitte den "streit" durch " diskussion ", wobei streit durchaus auch absolut fair ausgetragen werden kann ... glaube ich ...
Streit? Diskussion?
Und das ist es, was in mir ein "Unwohlsein", ein ungutes Gefühl auslöst, weil ich mich frage, wenn bereits solche - S.K.H. verzeihe mir den folgenden Ausdruck - [für viele Zuschauer sicher] "banalen" Ereignisse mit [noch banaleren] "Luftgitarrennummern" über-schwiegen im Sinne von über-deckt werden, was wird uns, Zuschauern und Bürgern, dann sonst alles an [viel wichtigeren !] Informationen in diesen beiden öffentlich-rechtlichen Sendern vorenthalten!?!?!?
P.S.
Besser ich inhaliere jetzt erstmal den von Ihnen, lieber Josef, eingebrachten weisen Spruch, bevor ich mich über das Fernsehprogramm `z`Tod aufreg`...